Kurz besuchte NS-Vernichtungsstätte in Maly Trostenez in Weißrussland

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Gemeinsam mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko weihte Bundeskanzler Sebastian Kurz das Denkmal "Massiv der Namen" ein.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat an der NS-Vernichtungsstätte Maly Trostenez in Weißrussland ein Denkmal für die dort ermordeten österreichischen Juden eingeweiht. "Maly Trostenez ist der Name eines Ortes, den wir nicht vergessen dürfen", sagte Kurz am Donnerstag bei der Gedenkfeier nahe Minsk.

Kurz erinnerte daran, dass hier Menschen "in namenlosen Massengräbern bestattet wurden, um selbst die Erinnerung an sie auszulöschen". Das Denkmal "Massiv der Namen" soll nun dazu dienen, zumindest die Erinnerung an die Getöteten hochzuhalten. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko selbst betonte: "Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ist heilig für unser Volk." Maly Trostenez sei "eine der größten Todesfabriken" des NS-Regimes gewesen, erinnerte er.

Im Anschluss an die Einweihung sang Oberkantor Shmuel Barzilai das jüdische Totengebet Kaddisch, außerdem wurden die Namen jener österreichischen Opfer verlesen, die am heutigen Tag Geburtstag gehabt hätten. Zum Abschluss der Feier legten die Anwesenden Blumen und Steine auf den Sockel des Denkmals.

"Massiv der Namen" vom Architekten Daniel Sanwald

An der NS-Vernichtungsstätte bei der weißrussischen Hauptstadt waren zwischen 1942 und 1944 mehr als 10.000 österreichische Juden ermordet worden. Hierher gingen die meisten Vernichtungstransporte, die direkt aus Wien abfuhren. Weiters starben hier Juden aus Polen, Tschechien, Deutschland und aus dem Minsker Ghetto, sowie nichtjüdische sowjetische Zivilisten, Partisanen und Kriegsgefangene.

Das Denkmal "Massiv der Namen", das vom Architekten Daniel Sanwald entworfen wurde, besteht aus einem Betonblock, der sich in zehn Säulen gliedert, die die zehn Transporte aus Wien symbolisieren. Darauf stehen die Vornamen der in Maly Trostenez getöteten Österreicher. "Es ist ein berührendes Mahnmal", sagte Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus, gegenüber der APA. "Diese Menschen haben kein Grab. Deswegen ist es eine schöne Geste, dass man ihnen ihre Namen zurückgibt."

Zuvor stattete Kurz dem nahegelegenen Wäldchen Blagowschtschina einen Besuch ab, wo der Großteil der österreichischen Opfer getötet worden war. Hier hat der Verein IM-MER (Initiative Malvine - Maly Trostinec Erinnern), der sich seit Jahren für ein würdiges Gedenken der jüdischen Ermordeten an diesem Ort einsetzt, an den Bäumen gelbe Gedenktafeln für die einzelnen Ermordeten angebracht. Der Kanzler befestigte selbst eine Plakette für den Wiener Lehrling Arthur Loschitz an einem Baum - es ist bereits die 551. Tafel an diesem Ort, die an ermordete österreichische Opfer erinnert. Loschitz wurde als 13-Jähriger in Maly Trostenez getötet. Er wäre am heutigen Donnerstag 90 Jahre alt geworden.

Hier wurden Menschen hergebracht, um sie zu töten

Maly Trostenez war kein Vernichtungslager wie etwa Auschwitz gewesen, erläuterte Waltraud Barton, Obfrau des Vereins IM-MER, gegenüber der APA. "Hier wurden Menschen nur deswegen hergebracht, um ermordet zu werden!" Die Deportierten mussten sich laut ihrer Schilderung direkt nach ihrer Ankunft ihrer Wertsachen und Kleidung entledigen und wurden anschließend sofort getötet: entweder durch Erschießung oder in Gaswagen. In Maly Trostenez befand sich weiters eine ehemalige Kolchose, die als landwirtschaftliches Gut von örtlichen Zwangsarbeitern für die SS bewirtschaftet wurde.

Am Abend nimmt Kurz an einem "Abend der Erinnerung" im Palast der Republik in Minsk teil, bei dem auch Ministerpräsident Sergej Rumas anwesend sein wird. Für Freitag ist ein bilaterales Treffen mit Lukaschenko vorgesehen.

(APA)

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