Energieeffizienz: Zehn Prozent mehr gehen immer

Eine optimale Einstellung von Lüftungsanlagen bietet hohes Einsparungspotenzial beim Stromverbrauch.
Eine optimale Einstellung von Lüftungsanlagen bietet hohes Einsparungspotenzial beim Stromverbrauch.(c) imago stock&people (imago stock&people)
  • Drucken

Selbst in vielen zertifizierten Gebäuden wird Energie und damit Geld verschleudert. Häufige Schwachstellen sind suboptimal eingestellte Lüftungs- und Klimaanlagen.

Rund 400 Gewerbeimmobilien haben Margot Grim und ihre Kollegen von E7-Energie-Markt-Analyse im Zuge von Beratungs- und Forschungstätigkeiten in den vergangenen Jahren energetisch unter die Lupe genommen. Ihre Erfahrungen aus diesen Energieverbrauchsanalysen fasst Grim in einem kühnen Satz zusammen: „Zehn Prozent Einsparungen beim Stromverbrauch gehen immer, teilweise sind es sogar bis zu 30 Prozent.“ Die Amortisationszeit sei dabei kein Thema, meint sie. Die Einsparungen würden ohne große Investitionen erreicht, es reiche fast immer die Optimierung der haustechnischen Einstellungen. Das treffe, so die Expertin, nicht nur auf alte, sondern ebenso auf neue Anlagen zu.

Mangelnde Zielvorgaben


Eine wesentliche Herausforderung ist die Komplexität heutiger haustechnischer Anlagen: „Eine Lüftungsanlage in einer durchschnittlichen Gewerbeimmobilie hat zwei Dutzend oder mehr Datenpunkte – Fühler, Sensoren, Klappen, Pumpen und Ähnliches“, erklärt Grim. „Alle diese Komponenten müssen so eingestellt sein, dass sie perfekt harmonieren, erst dann arbeitet die Anlage energieeffizient.“
Ein weiterer Grundstein für unnötig hohe Energieverbräuche werde schon in der Planungsphase geschaffen. Der Bauherr fordere Energieeffizienz, nennt aber keine Zielvorgaben, was er darunter versteht. Deshalb könnten weder Planung noch Errichtung an entsprechenden Kriterien gemessen werden.

Einstellungen optimieren

Auch im Betrieb würden mangels Vorgaben Standardwerte eingestellt, „und dann läuft die Anlage eben 24 Stunden durch“, weiß Grim. Facility-Manager versuchen zwar, die Technik im Betrieb zu optimieren, „aber nur, bis jemand anruft und sich über die Temperatur beschwert. Dann ist meistens Schluss damit.“ Dabei geht es bei diesem Thema nicht um Peanuts. Bei einem Krankenhaus in Oberösterreich konnte E7 die Energieeffizienz durch Optimierung der Einstellwerte von Klima- und Lüftungsanlagen so verbessern, dass nun jährlich 4,8 Gigawattstunden (GWh) Strom oder fast 300.000 Euro eingespart werden, betont Grim. Mittlerweile sei es um einiges mehr geworden, berichtet sie: „Die Mannschaft dort ist sehr motiviert und arbeitet weiter in Richtung Energieeffizienz.“ Ähnlich erfolgreich verlief ein E7-Projekt bei einem Salzburger Krankenhaus, wo der Stromverbrauch um sechs Prozent gesenkt wurde, obwohl die Gesamtperformance vor Start schon sehr gut war. Grundlage solcher Erfolge ist ein genaues Energiemonitoring, erläutert die Wissenschaftlerin, „aber das muss genützt werden. Oft sind die notwendigen Informationen vorhanden, aber niemand nimmt sich Zeit, die Ergebnisse auch anzusehen.“

Jährliche Energie-Audits


Wie wichtig Energiemonitoring ist, weiß man bei der Rewe Group, dem größten österreichischen Handelskonzern. Das Unternehmen hat ein umfassendes Energiemanagement-System nach ISO 50001 etabliert, mit jährlichen internen und externen Audits. Die Stromverbräuche werden fast ausschließlich in 15-Minuten-Einheiten gemessen und kurzfristig gegeneinander sowie gegen Benchmarks geprüft. „Anhand dieser Erkenntnisse werden Schwerpunkte gesetzt, Serien- und Einzelmaßnahmen erarbeitet und umgesetzt, sowie Reports für Mitarbeiter und Führungskräfte verfasst“, heißt es bei der Presseabteilung des Konzerns. Die größten Einsparungspotenziale fanden sich bei Rewe bei der Gewerbekälte zur Warenkühlung sowie im Bereich Beleuchtung durch LED. Heute werden bereits über 400 Märkte ausschließlich mit Wärmerückgewinnungsanlagen beheizt. Dem Unternehmen gelang es durch diese Maßnahmen, 164 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr zu sparen, das bedeute eine CO2-Reduktion von 44.000 Tonnen, berichtet Peter Breuss, Leiter der technischen Abteilung von Rewe International. „Der Schlüssel dabei ist, technische Potenziale frühzeitig zu erkennen und mit engagierten Partnern konsequent umzusetzen.“
Dass generell das Bewusstsein für Energieeffizienz steigt, weiß Julian Schramek, verantwortlich für Building Consultancy beim Immobilienspezialisten CBRE. Das Unternehmen bietet Investoren, aber auch Mietern bei Verkauf, Ankauf oder Anmietung Zustandsüberprüfungen von Immobilien und darauf aufbauend Beratung zur Energieoptimierung. „Die Anfragen in diesem Bereich steigen. Vor allem bei internationalen Konzernen ist mangelnde Energieeffizienz einer Immobilie heute ein No-go“, betont Schramek.

Sechsstellige Einsparungen


Auch der CBRE-Experte kennt eine ganze Reihe von Beispielen, bei denen sich Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in kurzer Zeit amortisierten. Bei einem prominenten Büro- und Geschäftshaus auf der Mariahilfer Straße etwa wurde die veraltete und überdimensionierte Kälteanlage ausgetauscht. Resultat sind jährliche Einsparungen im sechsstelligen Euro-Bereich, berichtet Schramek: „Die Maßnahme amortisierte sich binnen drei Jahren.“ Nicht immer sind Erneuerungen nötig. Schramek vertritt ebenfalls die Ansicht, dass sich allein durch Optimierung der Haustechniksteuerung in sehr vielen Fällen große Einsparungen erzielen lassen. „Das größte Potenzial bietet meist die Kühlung, dann folgen die Beleuchtung und an dritter Stelle die Heizung“, erläutert er.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.