Champions League: Wenn die Technik im Spiel ist

Seit dieser K.o.-Phase ist der Video-Beweis in der Königsklasse angekommen, die Spieler sehen wie die Stadionbesucher bei kritischen Szenen nur diese Anzeige.
Seit dieser K.o.-Phase ist der Video-Beweis in der Königsklasse angekommen, die Spieler sehen wie die Stadionbesucher bei kritischen Szenen nur diese Anzeige.APA/AFP/ANTHONY DEVLIN
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Tottenhams Aufstieg gegen Manchester City sorgte für Begeisterung und strapazierte Nerven. Der Video-Beweis ist im Hocheinsatz und entscheidend, aber keine Garantie.

Manchester/Wien. Die Champions League hat ihre Halbfinalduelle: Mit FC Barcelona und Liverpool ermitteln zwei Altbekannte den einen Teilnehmer für das Finale am 1. Juni in Madrid, der andere, „exotischere“, heißt Ajax Amsterdam (erstmals seit 1997 unter den letzten Vier) oder Tottenham (erstmals überhaupt im Semifinale). Spieltermine sind der30. April/1. Mai bzw. 7./8. Mai.

Während Liverpool am Mittwochabend gegen Porto nichts mehr anbrennen ließ, beschenkten die Spurs und Manchester City die Fußballwelt mit einem packenden Krimi. Nach sieben Toren insgesamt, fünf davon allein in den ersten 21 Minuten, und einem dank Video-Beweis aberkannten Abseitstreffer der Citizens in der Nachspielzeit jubelte Tottenham über den größten internationalen Erfolg seit dem Triumph im Uefa-Cup 1984. „Meine Spieler sind Helden“, frohlockte Trainer Mauricio Pochettino nach der 3:4-Niederlage, die dank des Auswärtstorregel den Aufstieg brachte. „Das ist der Grund, warum wir Fußball lieben.“

Zum Fußball in der Königsklasse gehört seit dieser K.o.-Phase auch der Video-Beweis, offiziell Video Assisted Referee (VAR). Es waren Zentimeter, die Assistgeber Sergio Aguero im Abseits stand, als Raheem Sterling in der 93. Minute City zum vermeintlichen Aufstieg schoss. Der ausgelassene Jubel endete jäh, als Schiedsrichter Cüneyt Çakır via Headset von den Kollegen vor den TV-Geräten informiert wurde. „Es ist grausam, aber wir müssen es akzeptieren“, sagte City-Trainer Pep Guardiola, dessen Titelmission einmal mehr vorzeitig endete.

Ermessensfragen

Bereits zuvor war der Videobeweis im Einsatz gewesen, als Çakır Tottenhams Treffer zum 3:4 nach Ansicht anerkannte. Der Ball ging von der Hüfte Fernando Llorentes ins Tor, ob dessen angelegte Hand ihn zuvor ebenfalls berührte war auch in Zeitlupen nicht eindeutig zu erkennen – und selbst wenn, ließe sich noch über die Strafbarkeit (ab nächster Saison wäre es kein Tor) diskutieren. „Ich bin für den VAR, aber vielleicht war Llorentes Tor aus der einen Sicht Hand und aus der des Referees nicht“, sagte Guardiola, der wie die Stadionzuschauer bis zur Entscheidung nur die Text-Einblendung auf der Videowall zu sehen bekam.

Längst haben das mit den Zeigefingern geformte Viereck für das TV-Studium Unparteiische wie Spieler im Repertoire, Torjubel kommen mitunter mächtig verspätet oder enden abrupt – den Diskussionen um die Schiedsrichterentscheidungen setzt der VAR aber kein Ende, denn abgesehen von Abseits oder Ballüberquerungen der Torlinie gibt es eben Ermessensspielraum. Das zeigte sich in dieser K.o.-Phase wieder eindrucksvoll: So nahm Felix Brych bei Barcelona gegen Manchester United einen korrekten Elfmeterpfiff nach TV-Studium kurioserweise wieder zurück. Während diese Entscheidung ob des klaren Ergebnisses unterging, vollendete im Achtelfinale Cristiano Ronaldo seine Gala gegen Atlético Madrid mit einem späten wie umstrittenen Penalty, auch United und Porto profitierten bei ihren Aufstiegen von eben solchen.

Salzburger Sorgen

Das Halbfinale zwischen Ajax und Tottenham bereitet Salzburg Sorgen. Sollte den Niederländer den CL-Titel gewinnen, wäre für den diesjährigen Meister in Österreich der Fixplatz in der Gruppenphase der Königsklasse verloren. Auch Tottenham könnte das noch vereiteln, denn die Spurs haben als aktueller Tabellendritter der Premier League mit nur einem Punkt Vorsprung auf den Fünften einen der vier englischen Startplätze an der Königsklasse in kommenden Saison noch nicht sicher.

Sofern sich der neue Titelträger nicht über die nationale Liga für die Champions League qualifiziert, hätte der heimische Meister das Nachsehen und müsste in die Qualifikation (Einstieg im Play-off) – für Salzburg war diese in den vergangenen elf Versuchen bekanntlich alles andere als eine Erfolgsgeschichte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2019)

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