Misstrauen für Strache, Dringliche für Kurz

Die SPÖ will am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Nationalrat einbringen. An Kanzler Sebastian Kurz soll eine dringliche Anfrage gerichtet werden.
Die SPÖ will am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Nationalrat einbringen. An Kanzler Sebastian Kurz soll eine dringliche Anfrage gerichtet werden.APA/ROLAND SCHLAGER
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Parteichefin Rendi-Wagner hält die Verbindungen der FPÖ zu Rechtsextremen und die hetzerischen Vorfälle in deren Reihen für untragbar. Die SPÖ wird Vizekanzler Strache das Misstrauen aussprechen. Kurz soll Fragen beantworten.

Wien. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Grenzen überschritten. Darum habe sie einen Brief an Präsident Alexander Van der Bellen geschrieben und ihre Bedenken geäußert, sagte sie am Mittwoch. Und darum will die SPÖ am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Nationalrat einbringen. An Kanzler Sebastian Kurz soll eine dringliche Anfrage gerichtet werden.

Grund dafür seien die vielen Verstrickungen der FPÖ in rechtsextreme Gruppierungen sowie rassistische und hetzerische Ausscherer in der Partei selbst. Schon in den vergangenen Wochen war die FPÖ um eine Distanzierung von der Identitären Bewegung Österreich bemüht. Kanzler Kurz hatte diese von seinem Koalitionspartner gefordert, nachdem Spenden des Christchurch-Attentäters auf Konten der Identitären aufgetaucht waren. Auf diesen Spendenkonten finden sich allerdings auch Zahlungen von FPÖ-Funktionären.

Auch sonst sind die Verstrickungen der Partei und der als rechtsextrem eingestuften Gruppe vielfach belegbar. Dementsprechend schwer fällt es der FPÖ nun, die verordnete Distanzierung auch glaubhaft umzusetzen.

Zu der Aufregung um die Identitären kam am Osterwochenende ein Gedicht des Braunauer FPÖ-Vizebürgermeisters Christian Schilcher. Eine „Ratte mit Kanalisationshintergrund“ ergeht sich in schlechten Reimen zum Thema Migration und wie schädlich diese für Österreich sei. Der Braunauer Vizebürgermeister musste noch am selben Tag zurücktreten.

Das reicht der SPÖ nicht. Strache trage als Parteichef für die Häufungen solcher Vorfälle die Verantwortung, sagte Rendi-Wagner. Dass der Vizekanzler erst jüngst einen Beitrag einer Internetseite geteilt hatte, die den Holocaust leugnet, mache die Sache nicht besser.

Dafür verantwortlich, dass die FPÖ in der Regierung sei, zeichne Kanzler Kurz – darum werde er auch am Donnerstag für eine dringliche Anfrage in das Parlament gebeten. Kanzler Kurz ist allerdings am Mittwoch zu einer Reise nach China aufgebrochen und wird sich vertreten lassen.

 

Die Netzwerke in Ministerien

Für SPÖ-Klubvize Jörg Leichtfried ist es eine Missachtung des Parlaments, dass Kurz dienstlich oft verreise, wenn das Plenum tage.

Die SPÖ hat sich jedenfalls Mühe gemacht, die Netzwerke der FPÖ aufzuzeichnen, und zu jedem Ministerium ein Dossier erstellt. Vieles davon ist bereits bekannt. Da wird im Innenministerium etwa einmal mehr Alexander Höferl genannt. Der Burschenschafter ist Kommunikationschef – früher war er FPÖ-Parteikommunikationschef und Chefredakteur des FPÖ-nahen und oftmals äußerst rechten, alternativen Mediums „Unzensuriert“. Es berichtete regelmäßig positiv über die Identitären. „Unzensuriert“ war an der Organisation des „Verteidiger Europas“-Kongresses in Linz 2016 beteiligt. Dort tummelten sich Identitäre und Rechtsextreme. Innenminister Herbert Kickl hielt eine Rede, sprach von Gleichgesinnten. Identitäre gibt es außerdem in den Reihen der Polizei – „Die Presse“ berichtete.

Damit muss auch FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek umgehen. Dass es gar nicht so wenige Identitäre beim Bundesheer gibt, ist bekannt – man beobachte das, heißt es seitens des Ministeriums. Ursprünglich gab es für sie einen Sperrvermerk, der unter Kunasek wieder aufgehoben und nun vor Kurzem wieder eingeführt wurde. Von Kunasek selbst gibt es ein Foto mit Identitären. Darauf ist auch der Kärntner FPÖ-Landesparteiobmann Gernot Darmann zu sehen.

 

Schnittmengen

Auch in Straches Ministerium finden sich hochrangige Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung, die Schnittmengen mit den Identitären haben. Da finden sich etwa Facebook-Freundschaften und geteilte Posts mit Identitären. Straches Pressesprecher schreibt ebenso für das Monatsmagazin „Sezession“ wie der Chef der Identitären, Martin Sellner. Das Medium gilt als eines der wichtigsten der Neuen Rechten in Deutschland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2019)


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