Die erste Bilanz des blauen ÖBB-Vorstands

Arnold Schiefer ist seit Anfang April ÖBB-Finanzvorstand, davor war er Aufsichtsratschef. Andreas Matthä ist seit Mai 2016 Vorstandschef der Bundesbahnen.
Arnold Schiefer ist seit Anfang April ÖBB-Finanzvorstand, davor war er Aufsichtsratschef. Andreas Matthä ist seit Mai 2016 Vorstandschef der Bundesbahnen.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Das Jahr 2018 brachte den ÖBB mehr Kunden, weniger Gewinn und höhere Schulden. Der Rückgang im Güterverkehr ist bitter. Ein Zukunftsprogramm soll es richten.

Wien. Eisenbahner sprechen von sich und ihresgleichen gern als Familie. Auch der neue Finanzvorstand der Staatsbahn: Arnold Schiefer hatte das Mandat Anfang April von Josef Halbmayr übernommen. Und durfte in dieser Funktion am Freitag die ÖBB-Bilanz des Jahres 2018 präsentieren – in seinen Worten die „Familienkasse“. Um gleich beim Bild zu bleiben: Schiefer, der Freiheitliche, und Vorstandschef Andreas Matthä, der SPÖler, gaben das vertraute Ehepaar. Sie kennen einander ja schon länger. Parteifreund und Verkehrsminister Norbert Hofer hatte Schiefer im Februar 2018 an die Spitze des ÖBB-Aufsichtsrats gesetzt. Und jetzt ist er eben ins Top-Management vorgerückt.

So viel zu den Personalia. Die Bilanzpressekonferenz am Freitag war den Zahlen gewidmet. Diese waren nicht schlecht – aber auch schon einmal besser. Das Jahr 2018 brachte den ÖBB mehr Umsatz, weniger Gewinn, höhere Schulden und einen neuen Passagierrekord. Der Umsatz kletterte um zwei Prozent auf 5,64 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb davon ein Konzernergebnis von 151 Millionen Euro übrig. Ein doch recht deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2017, als man 176 Millionen Euro verdient hatte. „Unser Ziel ist nicht, den maximalen Gewinn zu erzielen, sondern maximal in die Kundenzufriedenheit und Sicherheit zu investieren“, sagte ÖBB-Boss Andreas Matthä. Ein Grund für den Gewinnrückgang waren Personalrückstellungen in Höhe von 30 Mio. Euro. Die Belegschaft altere, das schlage sich auf die Bilanz – dort muss für altersbedingte Zahlungen wie Jubiläumsgelder vorgesorgt werden, erklärt man bei den ÖBB. Die verlustreichen Jahre der Bundesbahnen sind aber vorbei. Zum siebenten Mal in Folge konnten die ÖBB ein „deutlich positives Ergebnis“ vorweisen, sagte Matthä.

Die Schulden kletterten von 23,5 auf 24,1 Mrd. Euro, auch der Beitrag der Steuerzahler zur Bahn ist gestiegen: 2018 flossen 1,2 Mrd. Euro in bestellte Verkehre und gemeinwirtschaftliche Leistungen wie Schülerfreifahrten. 1,06 Mrd. Euro steuerte der Bund für den Betrieb des Schienennetzes bei. Der Annuitätenzuschuss für Schulden aus dem Bauprogramm erhöhte sich deutlich von 753,4 auf 821,7 Mio. Euro. Darin sind aber laut ÖBB auch Großprojekte wie der Koralm- und der Semmeringtunnel enthalten.

Weniger Schiene, mehr Straße

Bitter ist für die Staatsbahn der Rückgang im Güterverkehr. Da zeigte sich voriges Jahr eine Tendenz, die ÖBB-Chef Matthä als Alarmsignal wertet: Eine deutliche Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße. Der Gütertransport auf Österreichs Straßen legte um 5,5 Prozent zu, während er auf der Schiene um 2,6 Prozent rückläufig war. „Wir kämpfen mit der Profitabilität“, so Matthä. Die Rail Cargo steigerte zwar ihren Umsatz um fünf Prozent auf 2,3 Mrd. Euro und bleibt damit der stärkste Teilkonzern der Staatsbahn. Das Ergebnis reduzierte sich aber deutlich um 18,9 Mio. Euro auf 23,5 Mio. Euro. Das Marktumfeld sei rauer geworden, so Matthä: Höhere Kosten für Energie, Trassenbenutzung und Personal hätten der Bahn das Leben schwerer gemacht. Man stehe in ständigem Wettbewerb mit Billigfluglinien und Fernbussen, bei deren Preisen die Bahn nicht mithalten könne. Umso mehr freuten sich die Vorstände über den neuen Passagierrekord: 2018 verzeichneten die ÖBB 261 Millionen Fahrgäste, um 50 Millionen mehr als im Jahr 2008.

Höhere Fluktuation der Mitarbeiter

Mit dem Programm „Nordstern“ wollen sich die ÖBB für die Zukunft aufstellen. Bei der Bahn ist ein Generationenwechsel im Gange, in den nächsten Jahren braucht man bis zu 10.000 neue Mitarbeiter. Aktuell arbeiten 41.641 Menschen für den Staatsbetrieb, um 534 mehr als 2017. Mitarbeiter würden abgeworben, die Jüngeren hätten heute andere Ansprüche an Jobs, wie Teilzeitarbeit, so Finanzvorstand Schiefer. Das Motto „einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner“, gelte nicht mehr. „Obwohl es immer noch möglich ist, sein ganzes Arbeitsleben bei den ÖBB zu verbringen.“ (hie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2019)

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