Sean Hepburn Ferrer: „Ich spüre ihre geistige Präsenz“

Würde sie noch leben, würde Audrey Hepburn die sozialen Medien nutzen –aber nur, um auf ihre humanitären Projekte hinzuweisen, ist sich ihr Sohn Sean Hepburn sicher.
Würde sie noch leben, würde Audrey Hepburn die sozialen Medien nutzen –aber nur, um auf ihre humanitären Projekte hinzuweisen, ist sich ihr Sohn Sean Hepburn sicher.(c) Getty Images (John Kobal Foundation)
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Audrey Hepburns Sohn Sean Hepburn Ferrer spricht über die Ausstellung „Intimate Audrey“, die in Brüssel zu sehen ist, sein besonderes Verhältnis zu seiner berühmten Mutter und ihr humanitäres Engagement. Mit ihrem Tod hat er mittlerweile seinen Frieden geschlossen.

Sean Hepburn Ferrer wuchs mit einer der berühmtesten Frauen des 20. Jahrhunderts als Mutter auf. Aber sie prägte den 58-Jährigen nicht mit ihrem Hollywood-Image, sondern vor allem mit ihrem humanitären Engagement. Diesem Vermächtnis fühlt er sich so sehr verpflichtet, dass er anlässlich der Ausstellung „Intimate Audrey“, die noch bis 25. August in Brüssel zu sehen ist, einem hartnäckigen Husten trotzt und offen und ausführlich über seine persönlichen Erinnerungen Auskunft gibt.

Mit Ihrer aktuellen Ausstellung versprechen Sie, die „Intimate Audrey“ zu zeigen. Aber kann man über Ihre Mutter, die am 4. Mai 90 geworden wäre, wirklich noch etwas entdecken?

Sean Hepburn Ferrer: Ja und nein. Man kann über die Ausstellung den Subtext ihres Lebens verstehen. Wir zeigen nicht die Hollywood-Ikone, sondern das Mädchen, das vor 90 Jahren in Brüssel geboren wurde und im Krieg in Holland aufwuchs. Man versteht, dass sie eine ganz normale, bescheidene Frau war. Sie liebte ihre Familie, ihr Heim, ihre Hunde und lief zu Hause nicht in Designerkleidern herum.


Ist sie eigentlich noch für die junge Generation relevant?

Über die Hälfte ihrer Fanbasis sind Teenager und Leute in den 20ern. Nicht alle wissen genau, wer sie war. Die einen kennen sie aus ihren Filmen, die anderen die Mode-Ikone oder die Frau, die für Unicef aktiv war. Aber in der Ära der Kardashians scheinen sie instinktiv zu verstehen, dass diese Frau real und authentisch war.


Wie wäre Ihre Mutter mit der heutigen Multimediagesellschaft samt ihren ganzen sozialen Netzwerken zurechtgekommen?

Zu ihrer Zeit war sie wahrscheinlich die meistfotografierte Frau der Welt – als Fotos noch viel Zeit und Geld kosteten. Sie selbst investierte in diese Shootings und nutzte die Öffentlichkeit auch, um ihre humanitären Ziele zu promoten. So gesehen glaube ich, dass sie durchaus den Zweck sozialer Netzwerke erkannt und sie eingesetzt hätte.


Sie haben selbst drei Kinder. Was bedeutet Ihre Mutter für sie?

Ich habe sie ihre Großmutter selbst entdecken lassen und das nie gepusht. Was ihnen am meisten bedeutet, ist der humanitäre Aspekt. Bereits ihre Großmutter engagierte sich, dann meine Mutter, die mit dem Roten Kreuz und Unicef arbeitete. Ich selbst habe den Staffelstab übernommen und bin seit 25 Jahren aktiv, habe unter anderem den Audrey Hepburn Children's Fund gegründet. Die Erlöse der aktuellen Ausstellung gehen an die Stiftung „Eurordis – Rare Diseases Europe“ und lokale Krankenhäuser. Meine Tochter ist nun selbst Unicef-Botschafterin.


Wie präsent ist Ihre Mutter noch in Ihrem Leben?

Ich spüre noch ihre geistige Präsenz. Aber nur, wenn Freunde zusammenkommen, die sie kannten. Aber ich glaube nicht an Hokuspokus und sage „Ihr Geist ist da“. Sie ist verstorben. Damit habe ich meinen Frieden gemacht. Und ich freue mich, dass ich mit ihr zu Lebzeiten eine wunderbare Beziehung hatte. Sie war nicht nur eine tolle Mutter, sondern auch eine tolle Freundin.

Wie schwer war es, mit ihrem Tod Frieden zu schließen?

Wir hatten zumindest das Glück, dass sie nicht überraschend starb. Als sie nach der ersten Krebsoperation im November die Diagnose bekam, dass es nur noch eine Frage von wenigen Monaten war, konnten wir uns auf die Zeit konzentrieren, die uns noch blieb. Ja, sie war traurig und enttäuscht, dass es keine Heilung gab, aber sie fand sich damit ab. Eine der bedeutsamsten Erinnerungen war, als wir gemeinsam durch den Garten gingen und sie mir Hinweise gab, wie die Gartenarbeiter eine alte Zypresse zurechtstutzen sollten. Auf diese kleinen Momente kommt es an, nicht nur auf hochemotionale Bekenntnisse à la „Ich liebe dich“. Aber so ein Tod ist nichts, womit du in einer Woche fertig wirst.


Gibt es einen ihrer Filme, der für Sie besonders bedeutsam ist?

Jeder Film spielte eine Rolle, weil sie dabei lebenslange Freundschaften schloss. Bei „Ein Herz und eine Krone“ war das zum Beispiel mit Gregory Peck, andere Filme bescherten ihr die Freundschaften zu Leuten wie Henry Mancini oder Hubert de Givenchy. Besonders wichtig war auch „Geschichte einer Nonne“ – denn das war ein Film, der sich gegen Ideologien richtete.

Steckbrief

1960 wurde Sean Hepburn Ferrer als Sohn von Audrey Hepburn und Mel Ferrer in Luzern geboren. Er wuchs in der Schweiz, Italien und den Vereinigten Staaten auf.

Bis 25. August ist die Ausstellung „Intimate Audrey“ in Brüssel zu sehen, die an das Vermächtnis der Schauspielerin erinnert, die sich zeit ihres Lebens humanitär engagierte. Hepburn wäre am Samstag 90 Jahre alt geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2019)

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