EU-Elefantenrunde: "Der Bundesregierung in die Suppe gespuckt"

Puls 4
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Wer konnte bei der ersten gemeinsamen Diskussionsrunde der EU-Spitzenkandidaten punkten? Welches Thema bewegte die Gemüter? Fragen und Antworten zur Runde der EU-Spitzenkandidaten auf Puls 4.

Mit der ersten Elefantenrunde im Fernsehen dürfte der EU-Wahlkampf nun so richtig eröffnet sein. Othmar Karas (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Werner Kogler (Grüne), Claudia Gamon (Neos) und Johannes Voggenhuber (Europa Jetzt) diskutierten am Sonntagabend zur Primetime bei den Moderatoren Corinna Milborn und Thomas Mohr miteinander auf Puls 4.

Was war das Konzept bei Puls 4? Unter dem Motto „Europa- die entscheidende Frage“ versuchten Milborn und Mohr, den Kandidaten so konkrete Antworten wie möglich zu entlocken. Mit „Ja“- und „Nein“-Schildern sollten sie auf Fragen antworten - etwa auf die Frage, ob die EU dafür sorgen solle, dass Schwangerschaftsabbruch in ganz Europa legal bleibt, oder darauf, ob Mitgliedsstaaten das Recht haben sollten, ihre eigenen Bürger zu bevorzugen. An der Frage nach einer Zustimmung oder Ablehnung etwaiger „Vereinigter Staaten von Europa“ sah man aber gut, dass das Konzept nicht so recht griff: Nur Gamon sagte Ja, Vilimsky und Voggenhuber Nein, die anderen enthielten sich, weil nicht definiert sei, was damit gemeint werde. Karas etwa verweigerte mehrmals, überhaupt mitzustimmen. Zudem hatten die Kandidaten einen Zeitrahmen von 90 Sekunden für ihre Antworten zur Verfügung - was dazu führte, dass offene Fragen aus einer Vorrunde später nochmals aufgegriffen wurden. Antworten wurden so verschleppt.

Welche Themen dominierten die Sendung? Die Moderatoren eröffneten die Diskussion mit Fragen zum Klimaschutz, arbeiteten sich dann stückweise über die Sozialpolitik hin zur Asylpolitik und zur europäischen Außenpolitik. Die Fragestellungen waren relativ breit angelegt - und erlaubten den Politikern, recht eigene Richtungen einzuschlagen. Ein dominierendes Thema gab es durch die abgesteckten Themenblöcke allerdings nicht wirklich.

Was bewegte die Gemüter? Aufreger gab es freilich dennoch. Der emotionalste Schlagabtausch war dann eigentlich der Innenpolitik geschuldet: So fielen zu den tagesaktuellen Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu europäischem „Regelungswahnsinn“ - er hatte dafür ein Beispiel mit Schnitzel und Pommes verwendet - einige markige Sager während der Diskussion. Gamon meinte, der Kanzler verwende „genau die gleichen Begriffe wie Populisten“, Kogler ärgerte sich darüber, dass man sich über die „Pommesverordnung“ lustig mache, „obwohl es um krebserregende Stoffe geht“. Schieder sagte, dass Kurz mit dem überregulierten Schnitzel wohl auf einen Aprilscherz (der „Presse“ aus dem Jahr 2015, Anm.) hineingefallen sei. Voggenhuber ortete eine „europapolitische Bankrotterklärung“ der ÖVP - und sagte in Richtung des ÖVP-Spitzenkandidaten, Karas, er „bewundere ihn dafür, dass er heute noch da stehen kann“. Karas reagierte darauf mit dem Hinweis, dass die „Pommesverordnung“ eine Entscheidung der Mitgliedsstaaten gewesen sei - und meinte, dass die ÖVP „die proeuropäischste Partei in Österreich ist“. In seinen Augen sei „nicht alles, was auf den ersten Blick bürokratisch erscheint“, automatisch schlecht. Vilimsky - in Anspielung auf die türkise Nummer 2 auf der EU-Wahlliste, Karoline Edtstadler - fragte sich laut: „Mit welcher ÖVP spreche ich gerade?“ Karas' Antwort: „Wer Karas will, muss Karas wählen.“ 

Wer fiel auf? Vilimsky hat es viel leichter als die anderen, sich von seinen Konkurrenten abzugrenzen. Er war regelmäßig der einzige der Kandidaten, der bei den Abstimmungen mit Nein votierte - etwa war er alleine gegen die Einführung einer CO2-Steuer oder gegen die Wiedereinführung der EU-Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Diese exponierte Rolle wusste er auch zu betonten - und sprach etwa davon, der einzige Kandidat zu sein, der nicht pro-europäisch, sondern pro-österreichisch sei. In Richtung Karas schickte er in dem Zusammenhang den Vorwurf, „der Bundesregierung in die Suppe gespuckt“ zu haben, als Karas die Indexierung der Familienbeihilfe kritisiert hatte: „Nestbeschmutzung“ sei das gewesen. „Mir bleibt öfter die Luft weg, wenn der Herr Vilimsky spricht“, meinte Voggenhuber dazu.
Auch Kogler fiel auf - er antwortete recht klar, erklärte Begriffe („sonst verlieren wir die Zuseherinnen und Zuseher“), und versuchte immer wieder, die oft ausufernden Debatten auf Beispiele aus dem Alltag hinunterzubrechen.

Wer ging unter? Voggenhuber lieferte zwar einige Sager, kam aber selten auf den Punkt, was es schwierig macht, ihn inhaltlich zu verorten. Schieder fiel nur bei Debatten zur Sozialpolitik wirklich auf.

Was funktionierte, was nicht? Nach den aufgeteilten Duellen im ORF hatte Puls 4 die erste generelle Debattenrunde der Spitzenkandidaten. Das Format verhinderte aber zu einem gewissen Grad eine richtige Diskussion - die Kandidaten wollten sich aber offenbar den Schlagabtausch nicht nehmen lassen: Das führte im ersten Sendungsteil zur Situation, dass die Kandidaten für längere Zeit durcheinander sprachen, sodass man nichts mehr verstehen konnte. Selbst die Aufforderungen der Moderatoren, die Diskussion zu unterbrechen, verhallten im Wirrwarr - es wirkte unhöflich, dass die Kandidaten den Bitten der Moderation nicht nachkamen. Sympathiepunkte sammelte hier wohl keiner.

Was war das Taferl des Abends? Es gab nur zwei - Kogler brachte eine Liste über das Abstimmungsverhalten der Fraktionen bei Klimaschutzthemen mit, während Gamon einen europäischen Pass in die Kamera hielt.

Worauf konnten sich alle einigen? Darauf, dass man das Pflanzenspritzmittel Glyphosat EU-weit verbieten möchte.

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