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Er hat Disco nicht erfunden

 Giorgio Moroder wagte mit 79 Jahren eine erste Tournee mit Band.
Giorgio Moroder wagte mit 79 Jahren eine erste Tournee mit Band.(c) imago images / ZUMA Press (Alberto Pezzali via www.imago-images.de)
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Eigenlob singt: Giorgio Moroder wagte mit 79 Jahren eine erste Tournee mit Band. Er hätte es bleiben lassen sollen.

Disco ist ein Musikgenre afroamerikanischen Ursprungs. Dass sich Mitte der Siebzigerjahre, gewiefte Produzenten aus dem deutschen Sprachraum daran gütlich taten, wie Frank Farian mit Boney M. und Giorgio Moroder, sei ihnen gegönnt. Sie machten viel Geld, indem sie die Originalsounds geschickt verwässerten und so für den Mainstreammarkt kompatibel machten. Dass Moroder vor ein paar Jahren vom französischen House-Duo Daft Punk in einem Stück gehuldigt wurde, ist geschichtsklitternd.

Die einzige authentische Form von Disco ist der New York Disco, alles andere sind blasse Kopien. Wie peinlich es werden kann, wenn jemand auf das übertriebene Lob hereinfällt, das ihm von Nachgeborenen gezollt wird, hat man am Dienstag gesehen. Es war ein sehr selbstverliebter Moroder, der da zwischen den Songs aus dem Nähkästchen des Produzenten plauderte. Er sei „ein wenig als Musiker, ein wenig als Sänger und ein wenig als Bandleader“ da. Nichts davon war richtig. Er sang wenig, und wenn, dann Festzeltschlager wie „Looky Looky“. Über weite Strecken spazierte er hinter einem mit Kühen bemalten DJ-Pult auf und ab. Das Hitpotpourri wurde solide heruntergespielt, von Musikern, deren Namen er nicht kannte. Nicht einmal Barry White fiel ihm ein. Gut, Hansjörg Moroder, wie er wirklich heißt, ist schon 79 Jahre alt, da darf das Gedächtnis streiken. Aber nicht auf der Bühne. Was er zwischen Kommerzkrachern wie „Flashdance“ und „Danger Zone“ herumstammelte, war unprofessionell, ja blamabel. Vor allem, dass er tatsächlich glaubt, er hätte Disco erfunden.

Richtig ist, dass er die damals in München engagierte Musicalsängerin Donna Summer zu erotischen Lauten drängte. Aber Songs wie „Love To Love You Baby“ sind alles andere als Meilensteine. Live wurde der Summer-Gesang auf drei Damen aufgeteilt, die passabel sangen, ohne eine eigene Note einzubringen. Im Fall von „Cat People“ beließ es Moroder gleich beim Playback von David Bowie. Stimmungsmäßig mutete alles wie eine Weihnachtsfeier an, bei der noch zu wenig Alkohol geflossen ist. Das Publikum blieb kühl, ganz zum Wetter passend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2019)

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