Oikocredit-Chef Thos Gieskes: "Wir haben die Kontrolle verloren"

Thos Gieskes
Thos Gieskes(c) Valerie Voithofer
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„Nicht jeder ist ein geborener Unternehmer, aber jeder hat einen Überlebensdrang“, sagt Thos Gieskes. Dafür gibt es Mikrokredite, die seine Gesellschaft Oikocredit weltweit vergibt. Zuletzt kam der Finanzierer aber selbst ins Strudeln.

Die Presse: Jüngst wurden die Großspender von Notre-Dame heftig kritisiert. Verstehen Sie die Reaktionen auf die gute Tat?

Thos Gieskes: Lustig, dass Sie das erwähnen. Viele Menschen waren betroffen, dass die Kirche einem Feuer zum Opfer fiel. Bei uns in den Niederlanden haben sie aber kritisiert, dass einige gekommen sind und so viel Geld für eine Kirche gespendet haben.

. . . und nicht für Bettler oder Klimakatastrophen. Die Kritik gab es hier auch.

Und dann haben diese wohlhabenden französischen Familien es auch sehr öffentlich gemacht, es war fast ein Wettbewerb, wer mehr für eine Kirche spendet.

Glauben Sie, es gibt die falschen Gründe, um Gutes zu tun?

Das ist eine sehr ethische Frage, oder? Ich lese gerade das Buch „Winners Take All“, das sich genau darum dreht, ob sogenannte Win-win-Situationen wirklich ein Win-Win sind. Solange man alle Systeme aufrechterhält, gewinnen dann tatsächlich beide Seiten, oder hat eine viel mehr davon? Das ist dasselbe hier. Es ist gut, dass Menschen etwas für einen guten Zweck spenden, den sie selbst definieren. Wer sind wir, das zu beurteilen? Ich kann nicht urteilen, ob ihre Absichten ehrlich sind. Das kann man nicht messen – es ist Moral.

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