EuGH: Ungarn verletzte Recht auf Eigentum

Entzug von landwirtschaftlichen Nutzungsrechten verstößt gegen EU-Charta.

Luxemburg. Was der Europäische Gerichtshof (EuGH) im vergangenen Jahr geurteilt hat, ist am gestrigen Dienstag erneut bestätigt worden: Der Zwangsentzug der Nutzungsrechte an landwirtschaftlichen Flächen, den Ungarn 2014 und 2015 vollzogen hat, ist rechtswidrig, und zwar nicht nur, weil er den freien Kapitalverkehr behindert, sondern auch, weil er das in der europäischen Charta der Grundrechte verankerte Recht auf Eigentum verletzt.

Mit der Zwangsmaßnahme wollte die nationalpopulistische Regierung von Viktor Orbán gegen Agrarproduzenten aus dem EU-Ausland – darunter auch Österreich – vorgehen, die sogenannte Nießbrauchsrechte an Agrarflächen erworben hatten; der Verkauf von Agrarland an EU-Ausländer ist in Ungarn an zahlreiche Sonderbedingungen geknüpft.

Die ursprüngliche Causa (Rechtssachen C-52/16 und C-113/ 16) ins Rollen gebracht hat ein Österreicher, der 2015 seine landwirtschaftlichen Nutzungsrechte in Ungarn verloren hat. 2018 hat der EuGH geurteilt, dass der Entzug der Nießbrauchsrechte eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt.

Im gestrigen EuGH-Urteil (C-235/17) ging es um die Frage der Kompatibilität mit den EU-Grundrechten. Die Causa war keine Privatangelegenheit, sondern wurde von der Kommission initiiert, um die Vereinbarkeit der ungarischen Bestimmung mit der Charta der Grundrechte zu prüfen.

Der EuGH kam nun zu dem Schluss, dass das von Ungarn verordnete Erlöschen von Nießbrauchsrechten aus zwei Gründen gegen das Grundrecht auf Eigentum verstößt: erstens, weil es nicht dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit entspricht, das bei Einschränkungen der Grundrechte im öffentlichen Interesse geboten sei. Zweitens, weil die Betroffenen nicht „angemessen und rechtzeitig“ entschädigt wurden. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2019)

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