Brittens Seelentöne von der Front

Bariton Christian Gerhaher (Archivbild).
Bariton Christian Gerhaher (Archivbild).(c) imago/Xinhua (Luo Huanhuan)
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Andrew Staples und Christian Gerhaher dominierten das „War Requiem“ im Konzerthaus.

„But the old man would not so, but slew his son, / And half the seed of Europe, one by one“: Es ist vielleicht die schlimmste Szenerie in der Lyrik von Wilfred Owen, diesem bedeutenden literarischen Zeitzeugen des Ersten Weltkriegs, der 1918 mit 25 Jahren fiel. Das Original ist aus der Genesis bekannt: Abraham rüstet sich, Sohn Isaak zu opfern. Der Himmel gebietet ihm Einhalt und rettet den Jüngling. Bei Owen verwandelt sich der alte Mann in die Bestie des Krieges und lässt sich nicht aufhalten: Er schlachtet den Sohn und mit ihm „die halbe Saat Europas, einen nach dem anderen“.

Im „War Requiem“, 1962 uraufgeführt und den Toten des Zweiten Weltkriegs gewidmet, schiebt Benjamin Britten in den Text der lateinischen Totenmesse an neuralgischen Punkten immer wieder Owens poetische Kunde vom Elend an der Front ein. Der mit süßen Dissonanzen gewürzten Rede des Engels, die Tenor und Bariton im Duett vortragen, folgt das Grauen in scharf geschnittenen Holzbläserlinien, während Kinderstimmen aus der Ferne ihr ungerührt zartes „Hostias“ zur Gabenbereitung vernehmen lassen.

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