Busreise nach England

Eine seltsame Fügung des Schicksals hat dazu geführt, dass das Kind und ich in eine mehrteilige TV-Doku gekippt sind, in der eine Reisegruppe aus Thüringen auf ihrer langen, langen Busreise nach England begleitet wird.

Das ist tatsächlich noch weniger aufregend, als es klingt, dennoch will das Kind, dem selbst in Bussen immer schlecht wird, weiterschauen. Ich selbst bin unter widrigen Umständen hineingeraten: Im TV-Programm wurde eine Doku über die weißen Klippen Südenglands versprochen, es klang also nach einer Chance, die schöne englische Landschaft ohne Pilcher-Schnulze sehen zu können. Selbige Klippen waren aber nicht ansatzweise zu entdecken, vielmehr durften wir einen Reiseteilnehmer beobachten, wie er seine karierten Kurzarmhemden in den Koffer packt, aus dem sie von der Ehefrau entfernt und gegen andere, ebenso karierte Hemden ausgetauscht werden. Ja, so sieht eine Dokusoap im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernseher aus.

Nach diesem spannungsgeladenen Opening war es natürlich um uns geschehen, fast hätte ich Popcorn gemacht, aber dann hätte ich versäumt, wie die Gruppe bei einer Raststation bereits um acht Uhr früh zu Bier und Schnaps greift und von der Reiseleiterin als Draufgabe mit Sekt versorgt wird. Kurz darauf äußern sich einige Teilnehmer kritisch über das englische Essen: Man wisse ja, wie schlecht die englische Küche sei, ganz anders als die deutsche. (Die deutsche ist bekanntlich weltberühmt für ihre Finessen.) In England gebe es, sagt ein Mann, „nur diese Fish and...“ – „Chips“ ergänzt die Gattin, die besser recherchiert hat. Dass die Reisegesellschaft kurz darauf Fertigsuppe löffelt, die womöglich kulinarisch auch keinen Stockerlplatz erreichen würde, scheint kein Widerspruch. Nach einem Zwischenstopp in Brügge, der mit einem kleinen Eklat endet (ein Teil der Gruppe geht mitten in der Stadt am helllichtem Tag und bei vollem Handyempfang verloren), geht es ab Folge zwei nun angeblich wirklich nach England. Wir freuen uns insbesondere darauf, wie das Baked-Beans-Frühstück ankommen wird (man ahnt es: ganz, ganz schlecht). Ich halte Sie auf dem Laufenden. Stay tuned.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.