Klimts „Schöne Wienerin“

„Landschaft mit Nebelmeer“ von Franz Sedlacek hat einen oberen Schätzwert von 500.000 Euro. Das wäre ein neuer Rekord.
„Landschaft mit Nebelmeer“ von Franz Sedlacek hat einen oberen Schätzwert von 500.000 Euro. Das wäre ein neuer Rekord.Kinsky
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Im Kinsky kommen bei den Auktionstagen zwei restituierte Zeichnungen von Klimt und ein seltenes Frühwerk von Sedlacek zum Aufruf.

Um das Jahr 1898 zeichnete Gustav Klimt mit farbiger Pastellkreide und Bleistift sechs Damenporträts auf Papier. Zwei dieser auch als „Schöne Wienerin“ bezeichneten Zeichnungen kommen am 17. Juni im Auktionshaus im Kinsky im Rahmen der Auktionstage mit klassischer Moderne, Jugendstil und zeitgenössischer Kunst unter den Hammer. Dabei haben diese beiden Kunstwerke eine abenteuerliche Reise hinter sich. Denn es handelt sich um privat restituierte Werke. Die Zeichnungen wurden ursprünglich vom Sanatoriumsbesitzer Anton Löw erworben, der sie seiner Tochter Gertrude (Gerta) als Teil ihrer Aussteuer für ihre erste Ehe überließ. 1912 heiratete sie in zweiter Ehe den Industriellen Elemér von Felsöványi. 1942 musste sie vor den Nazis in die USA flüchten. Ihr Vermögen ließ sie in Wien bei einer Bekannten zurück, die ihr versprochen hatte, es ihr nachzusenden. Die aber hat die Zeichnungen 1943 an Klimts Sohn Gustav Ucicky, als Propaganda-Regisseur zu Erfolg gekommen, verkauft. Sie verschwanden somit von der Bildfläche, bis Ucickys Witwe die Zeichnungen 2013 in die Klimt-Foundation einbrachte, mit dem Auftrag zu einer Einigung mit den Erben nach Gerta Felsöványi zu gelangen. Das Auktionshaus fungierte als Vermittler und Sachverständiger in diesem Fall. „Frauenkopf im Profil nach rechts“ kommt mit einem Schätzpreis von 130.000 bis 200.000 Euro, „Damenbrustbild von vorne“ mit 200.000 bis 400.000 Euro zum Aufruf. Neben diesen beiden Klimt-Zeichnungen wird aus altem österreichischen Privatbesitz eine weitere Zeichnung angeboten, nämlich eine der Studien für die Komposition „Freundinnen I“ von 1907, das Gemälde dazu befindet sich ebenso in der Klimt-Foundation. Die Studie ist auf 100.000 bis 180.000 Euro geschätzt.

Rechtliches Dilemma. In Österreich werden seit 1998 die Bestände der öffentlichen Museen und Sammlungen durchforstet, um während des NS-Regimes enteignete Kunst ihren rechtmäßigen Besitzern oder den Erben zurückzugeben. Die Washingtoner Erklärung von 1998 sieht eine Restitution aus moralischen Gründen vor, bezieht dies aber nur auf Raubkunst im öffentlichen Besitz. Sehr viel Kunst zweifelhaften Ursprungs befindet sich aber in Privatbesitz. Und hier zeigen sich die Grenzen des Rechts. Immer wieder werden Lösungen diskutiert, wie mit Privatbesitz umzugehen ist. Auch für gesetzliche Konstruktionen, die eine Enteignung möglich machen sollen, gibt es Verfechter. Doch kann eine private Person, die nichts mit den Gräueltaten der NS-Zeit zu tun hatte, nur schwer zur Rückgabe eines Werks, das sie rechtmäßig erworben hat, verpflichtet werden. In dieser heiklen Situation kann nur individuell entschieden werden, durch moralische Selbstverpflichtung, niemals gesetzlich.

Neben der moralischen und rechtlichen Thematik geht es bei Restitutionen meist auch um viel Geld. Restituierte Kunstwerke sorgten bei internationalen Auktionen immer wieder für großes Aufsehen. Zu den spektakulärsten Rückgaben gehörten die fünf von der Galerie im Belvedere restituierten Klimt-Gemälde an die Erben von Ferdinand Bloch-Bauer im Jahr 2006.

Neben Klimt ist ein weiterer virtuoser Zeichner in der Auktion vertreten: Alfred Kubin. Die Leidenschaft eines Salzburger Sammlers resultierte in einer der größten privaten Kubin-Sammlungen. Insgesamt 150 Zeichnungen, Grafiken und Gouachen zu günstigen Schätzpreisen bieten eine seltene Auswahl an Arbeiten aus den verschiedensten Schaffensperioden.

Aus amerikanischem Privatbesitz wiederum stammt ein frühes Ölbild von Franz Sedlacek. Die Darstellung eines Mannes, der auf ein Nebelmeer blickt, ist eine für den Maler typisch karikierende Reminiszenz auf Caspar David Friedrich und die Romantik und laut Auktionshaus eine der wenigen sehr gut erhaltenen Beispiele der frühen 1920er-Jahre. Der Schätzpreis beträgt 250.000 bis 500.000 Euro und lässt damit auf einen neuen Rekordpreis für Sedlacek hoffen. Der bisherige höchste Zuschlag beträgt 300.000 Euro für „Beim Moulagenmacher“, erzielt 2007 im Kinsky. Der zweithöchste Preis von 250.000 Euro wurde erst im Vorjahr ebenfalls im Kinsky erzielt.

Zudem wird ein Sammelsurium österreichischer Kunst aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den Beständen des Wiener Künstlerhauses versteigert. Damit soll der Fortbestand des Vereins gesichert werden.

Bei der Zeitgenössischen Kunst am 18. Juni nennt das Auktionshaus zwei Arbeiten von Hans Bischoffshausen als die Attraktion der Auktion. Der österreichische Vertreter der Zero-Bewegung hat zu Lebzeiten nur wenig Aufmerksamkeit erhalten. Das ändert sich nun im Zuge einer internationalen Aufarbeitung diverser Strömungen der Nachkriegszeit. Sein Werk „Geburt“ von 1974 kommt mit einer Schätzung von 45.000 bis 70.000 Euro, „o.T.“ von 1972 mit einer Taxe von 20.000 bis 30.000 Euro. Zu den weiteren Toplosen gehören Arbeiten von Arnulf Rainer, Franz West, Markus Prachensky und Stephan Balkenhol.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2019)

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