Schrumpfen, um zu wachsen

Siemens erhofft sich für den Börsengang der Energiesparte viel Rückenwind.
Siemens erhofft sich für den Börsengang der Energiesparte viel Rückenwind.(c) REUTERS (Vincent West)
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Jahrelang kauften sich Unternehmen einen fetten Bauchladen an, jetzt ist Abspaltung angesagt. Die kleineren, schlagkräftigen Einheiten sollen mehr Geld verdienen.

Wien. Wenn es eine olympische Disziplin im Zerlegen von Konzernen – mit darauf folgendem Börsengang der abgetrennten Teile – gäbe: Siemens wäre der Topanwärter auf eine Goldmedaille. Kein anderer Konzern hat sich in den vergangenen Jahren so intensiv dieser Strategie verschrieben – Infineon und Areva sind gute Beispiele aus den 2000er-Jahren. Seit sechs Jahren geht es richtig rund, und immer ist die Börse das Ziel. Der seit 2013 an der Spitze stehende Joe Kaeser kann sich getrost mit dem Titel „Abspaltungskönig“ schmücken. Nach der Leuchtentochter Osram, dem Windkraftgeschäft Gamesa und der Medizintechniksparte Healthineers holt Kaeser zum vierten Schlag aus: 2020 soll das ganze Energiegeschäft, also Öl- und Gaskraftwerke samt dem verbleibenden Gamesa-Anteil, gebündelt und separat an die Börse gebracht werden.

Siemens ist nicht der einzige Konzern, der schrumpft, um zu wachsen. Nahezu täglich werden Pläne bekannt. Die Liste ist lang:
• Eine der erfolgreichsten Abspaltungen der vergangenen Jahre ist Lanxess. Die Spezialchemiesparte von Bayer notiert seit 2005 an der Börse. Zehn Jahre später folgte mit Covestro die Kunststoffsparte.
• 2016 verselbstständigten die deutschen Energiekonzerne E.On und RWE Kraftwerke (Uniper) und Grün-Energie (Innogy).
• Die Deutsche Bank gliederte im Vorjahr ihre Vermögensverwaltung DWS aus und brachte sie an die Börse.
• Die weltgrößte Container-Reederei, Moeller-Maersk, ist komplett aus dem Öl- und Gasgeschäft ausgestiegen. Nachdem 2017 ein Großteil an Total verkauft worden war, wurde das verbliebene Bohrgeschäft abgespalten und im April an die Börse gebracht.
• Ebenfalls im April ging die auf Augenchirurgie und Kontaktlinsen spezialisierte Novartis-Tochter Alcon an die Börse.
• Der Rückversicherer SwissRe plant für die britische Tochter ReAssure eine Notierung in London.
• Bei Thyssenkrupp heißt es: nach der Spaltung ist vor der Spaltung. Da der Plan, die Stahlsparte mit Tata Steel zu fusionieren, gescheitert ist, will Konzernchef Guido Kerkhoff die Aufzugsparte abtrennen und an die Börse bringen.
• Fix ist indes das Listing der VW-Nutzfahrzeugtochter Traton, das noch vor dem Sommer über die Bühne gehen soll.
• Das jüngste Beispiel von vielen aus den USA ist der Konzern General Electric, der nach dem Siemens-Vorbild ebenfalls die Medizintechnik verselbstständigt.
• In Österreich ist die Vorgangsweise – auch wegen der geringen Größe der Unternehmen – rar: In jüngster Zeit gab es mit der von der Immofinanz getrennten und anschließend an die Börse gebrachten Buwog nur einen Fall.

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