Eine seltene Spezies

Österreichs Sport ist nicht mit einer Vielzahl an Ausnahmeathleten gesegnet, dafür fehlt es an Breite und nachhaltiger Arbeit. Einstweilen begeistern allen voran Marcel Hirscher und Dominic Thiem die Massen.

Der österreichische Sport hat den Erfolg nicht gepachtet, Medaillen regnet es am ehesten noch bei alpinen Ski-Weltmeisterschaften. Schon allein deshalb sind außergewöhnliche Leistungen hierzulande entsprechend zu huldigen. Mit welcher Konstanz etwa Marcel Hirscher im vergangenen Jahrzehnt seine Schwünge durch den Schnee gezogen hat, ringt längst nicht nur Fans des 30-Jährigen ein Höchstmaß an Respekt ab.

Wie groß der tagtägliche Einsatz für den Erfolg auf und abseits der Pisten tatsächlich ist, lässt sich in Wahrheit nur erahnen. Belegt ist Hirschers Streben nach Perfektion. Er versteht es, die eigenen Grenzen auszuloten und diese immer wieder zu überschreiten.

Auch Tennisass Dominic Thiem zählt zu diesem besonderen Typ Sportler. Ein bedingungsloser Arbeiter, ständig auf der Suche nach Verbesserungen in seinem Spiel und gewillt, mehr als die meisten seiner Konkurrenten zu investieren. Wer den Niederösterreicher einmal im Training beobachtet hat, der versteht Anforderungen und Härte des Profisports zumindest in Ansätzen. Thiem hat erst vor wenigen Tagen bei den French Open in Paris zum wiederholten Mal den Beweis erbracht, einer der Weltbesten in einer Weltsportart zu sein.

Damit hebt sich der 25-Jährige sogar von Marcel Hirscher ab, ohne die Leistungen des Salzburger Ausnahmekönners in irgendeiner Art und Weise schmälern zu wollen. Allerdings, die Konkurrenzsituation im alpinen Skirennsport, der von nicht mehr als zehn Nationen weltweit professionell betrieben wird, ist mit jener im Tennis nicht ernsthaft zu vergleichen.

Thiem ist damit neben dem ein Jahr älteren David Alaba global betrachtet Österreichs erfolgreichster Sportler. Der Bayern-Legionär zieht seit seinem Bundesligadebüt am 6. März 2010, als er damals 17-jährig von Louis van Gaal auf den Rasen geschickt wurde, unermüdlich seine Sprints an. Ein Ende der Flankenläufe in München ist nicht in Sicht. Fußballfans von Wien bis Bregenz wünschen sich, dass auch noch Alabas Beziehung mit dem Nationalteam eine echte Erfolgsgeschichte wird. Für einen Fußballer seines Formats hat der achtfache deutsche Meister dem ÖFB-Spiel bei seinen 67 Einsätzen viel zu selten den Stempel aufgedrückt. Die Europameisterschaft 2020 würde sich als Bühne für den Turnaround perfekt anbieten...

Inwieweit Österreichs Fußball für die nahe Zukunft gerüstet ist, wird sich übrigens schon in den kommenden Tagen zeigen. In Italien und San Marino steigt die U21-EM, erstmals in der Geschichte wird auch eine rot-weiß-rote Auswahl mitwirken. Ein fußballerisches Sommermärchen wäre wohltuend, Österreichs Sport hat den Erfolg bekanntlich nicht gepachtet.

christoph.gastinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2019)

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