Analyse. Die USA haben bisher keine klare, kohärente Strategie gegenüber Iran. Stattdessen stärken die Falken in Washington bisher nur die provokanten Gelüste der Hardliner in Teheran. Dieses toxische Zusammenspiel könnte verheerende Folgen für die Region und die Welt haben.
Tunis. Der deutsche Außenminister Heiko Maas reiste am Pfingstmontag mit leeren Händen an und mit leeren Händen wieder ab. In die nachfolgende Teheraner Vermittlungsmission des japanischen Premiers Shinzo Abe platzten die Angriffe auf zwei Tanker nahe der iranischen Küste im Golf von Oman. Wie ein Schuljunge musste sich Abe vor laufenden Kameras des iranischen Staats TV vom Obersten Revolutionsführer Ali Khamenei belehren lassen, US-Präsident Donald Trump sei es nicht wert, mit ihm in Kontakt zu treten.
Am Montag nun kündigte die iranische Seite an, in zehn Tagen werde man die in dem Atomvertrag von 2015 vereinbarte Höchstgrenze an angereichertem Uran erstmals verletzen. Sollte die Islamische Republik ihren Worten Taten folgen lassen, wäre der vom Weißen Haus vor einem Jahr einseitig aufgekündigte Atomvertrag endgültig Makulatur. Und die Golfregion könnte in einen offenen Krieg hineinschlittern. Denn auf beiden Seiten, im Iran und in den USA, schaukeln sich die Hardliner immer weiter hoch.
Die gemäßigten Kräfte in Teheran, die bisher auf Dialog und Ausgleich setzten, geraten durch die ökonomische Belagerung immer mehr in die Defensive. Ihre Kontrahenten suchen offen nach Kraftproben mit dem „Großen Satan“ in Washington. Sie argumentieren, die Europäer seien zu schwach und den Amerikanern sei grundsätzlich nicht zu trauen.