Binnenschifffahrt: Viel am Wasser, aber wenig im Fluss

(c) Hafen Linz
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Die Donauhäfen sind hierzulande als Schnittstelle zum Welthandel wichtig. Binnenschiffe kommen für die Industrie aber immer seltener zum Einsatz, stattdessen rückt die Schiene stärker in den Fokus.

Wer sich auf den Weg zum Linzer Hafen macht, kann das Branding von Donaulager Logistics gar nicht übersehen. Die Logistikfirma agiert auf dem Areal als Bindeglied zwischen internationalen Produktions- und Absatzwelten. „Wir liefern hier, von der Rolex angefangen über Klopapier oder Fleisch alles an, was sie auf ein Schiff bekommen können“, erläuterte deren Geschäftsführer, Gottfried Buchinger, im Mai in der neuen Hafendirektion. Es ging um einen Rückblick und Ausblick des städtischen Hafens. Wenn Buchinger von Schiffen spricht, dann sind dies jedoch vielmehr jene, die zwischen Europa und Asien – und nicht auf den Binnenflüssen – unterwegs sind. Donaulager Logistics ist mit dem internationalen Warenaustausch vor Ort eng verwoben – etwa für Lkw-Fahrten nach Griechenland und zurück. Die Tochter der stadteigenen Holding Linz AG ist eines von zahlreichen Beispielen dafür, dass die Binnenwasserstraße als Exportachse selbst derzeit eine ziemlich trockene Angelegenheit ist.

Stahl und Dünger

Donauhäfen dienen zwar weiterhin als wichtige Umschlagsdrehscheiben, aber die Zahl der Branchen, die den Fluss tatsächlich für ihre Exporte nutzen, ist überschaubar. Wer die vergangene Trockenperiode einmal ignoriert und die Zahlen aus dem Jahresbericht 2017 der österreichischen Wasserstraßengesellschaft Via Donau heranzieht, stellt eine kleine Nutzergruppe fest: Mit 2,4 Millionen Tonnen entfällt ein Viertel der insgesamt 9,6 Millionen Tonnen an transportierten Gütern auf der österreichischen Donau auf den grenzüberschreitenden Versand. Fast 90 Prozent davon haben wiederum ihren Ursprung in lediglich vier Gütergruppen. Den größten Anteil am grenzüberschreitenden Versand nehmen Via Donau zufolge die Metallerzeugnisse mit knapp einem Drittel ein, gefolgt von Düngemitteln und Erdölerzeugnissen mit jeweils 20 bis 22 Prozent. Einen gerade noch erwähnenswerten Exportanteil von 15 Prozent hat die Gruppe der mineralischen Rohstoffe beziehungsweise Erzeugnisse und Baumaterial. Wer wissen möchte, welcher Industriezweig hierzulande die meisten österreichischen Exportmengen auf die Donau bringt, der muss eigentlich nur einen Blick auf die Namen der Binnenhäfen werfen. Denn der Werkshafen der Voestalpine hatte 2017 mit annähernd einer Million Tonnen den größten Anteil an den Ausfuhren. Dieser liegt auch in Linz.
Doch im Unterschied zu Donaulager Logistics geht es bei dem Stahlkonzern – der von Oberösterreich in alle Welt exportiert – oft auch darum, schwere, große Güter auf die Reise zu bringen. Bei diesen Waren lohnt sich der Einsatz von Binnenschiffen schon eher als beim Umschlag einer Rolex, von Klopapier oder Fleisch.

Hemmschuh Niedrigfahrstellen

Ob Donauexporte künftig auch für den städtischen Hafen eine größere Rolle spielen könnten, hängt für den Generaldirektor der Linz AG, Erich Haider, mit der Beseitigung von bestehenden Engstellen flussabwärts und -aufwärts zusammen. Für Unternehmen sind ihm zufolge zwei Niedrigfahrstellen – eine oberhalb und eine unterhalb von Linz – „ein großer Hemmschuh“.

Haider begründet die damit einhergehende Unsicherheit von Unternehmen so: „Weil eben die großen Transportunternehmen nicht wissen, ob sie in Bayern von normalen auf kleine Schiffe umladen, die Schwachstelle überwinden und dann wieder auf große Schiffe zurückladen müssen.“ Zudem steigerten Trockenperioden das unternehmerische Risiko entlang der Fahrrinne. Dieses werde „immer größer, weil die Donau viele Wochen – wenn nicht Monate – Niedrigwasser hat“, sagt Haider. Daher werde umgestiegen auf andere Transportmittel, stellt er fest.

Der Anreiz zum Umstieg dürfte gerade durch den vergangenen Sommer noch einmal gewachsen sein. Denn mit Blick auf den österreichischen Donauabschnitt ist das Beförderungsaufkommen mit Binnenschiffen 2018 laut Statistik Austria um rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Insbesondere auch für Exporte entlang des Donaukorridors rückt daher die Schiene immer mehr in den Fokus. Linz etwa konnte verloren gegangene wasserseitige Tonnage landseitig – auch mittels Bahnanschluss – wieder gutmachen. „Eisenbahn und Container“ – dass darauf Haiders Stadthafen setzt, ist deshalb nicht verwunderlich: Anfang Mai verwies er auf Vorhaben zum Infrastrukturausbau in den kommenden Jahren, sowohl für die Schiene als auch für den Containerterminal. Auch der Hafen Wien ist schon lang mit dem Terminal WienCont im landseitigen Boxengeschäft angekommen.

Seidenstraße im Visier

Auf welche Schienenverkehre es die Binnenhäfen abgesehen haben, verraten die Zahlen des Hamburger Hafens. Dieser nimmt mit wöchentlich 254 Containerzugverbindungen von und nach Österreich eine Spitzenposition als internationales Gateway ein. Zum WienCont-Netzwerk zählen auch Bremerhaven, Wilhelmshaven oder Rotterdam.
Mit Blick auf den chinesischen Absatzmarkt rücken zudem die Adriahäfen immer mehr in den Fokus. Die ÖBB-Güterverkehrssparte Rail Cargo Group nutzt unter anderem Triest intensiv. So gibt es etwa einen Dreiecksrundlauf zwischen dem Meereszugang und den Städten Linz und Wien. Perspektivisch wachsen die Sendungen in diese Richtung weiter, auch über die Seidenstraße: „In Asien liegen große Wachstumspotenziale für Österreichs Exportwirtschaft“, stellt Richard Schenz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, fest. Er leitete im April eine Unternehmerreise nach China. Auch aus dem Linzer Hafengebiet schweifen die Blicke mit ähnlichen Aussagen in weite Ferne: „Der chinesische Markt wird in Europa erst noch erwartet“, sagt Buchinger – und erhofft sich weitere Kunden für seinen Standort in Linz.

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