Mariazell: Bischöfe suchen den Basiskontakt

Mariazell Bischoefe suchen Basiskontakt
Mariazell Bischoefe suchen Basiskontakt(c) APA/ANDREAS PESSENLEHNER (ANDREAS PESSENLEHNER)
  • Drucken

Gespräche über Reformen bei Kaffee und Kuchen: In Mariazell treffen sie auf 500 Pfarrgemeinderäte – und Aufbruchstimmung. Trotzdem: ein gemütliches Beisammensein erwartet sich hier niemand.

In Mariazell, wo rund um die Basilika Devotionalienläden und Busbuffets, Hotels und Tankstellen noch immer den spröden Charme der 1950er-Jahre verströmen, wirkt das „europeum“ wie ein Alien. Mit den elegant geschwungenen Brücken und gläsernen Fassaden im Sichtbetonstil bildet das Kongresszentrum einen krass-modernen Gegenpunkt zur klassischen Optik des Wallfahrtsortes.

Gut möglich, dass es diese Symbolik – das Moderne inmitten des Althergebrachten – ist, die die Österreichische Bischofskonferenz veranlasst hat, im europeum den Kontakt zur aktiven Basis der österreichischen Katholiken zu suchen: Seit gestern treffen die zehn Bischöfe unter der Leitung von Kardinal Christoph Schönborn dort mit mehr als 550 Pfarrgemeinderäten aus allen zehn Diözesen zusammen, um mit ihnen über die aktuellen Themen und Probleme in der katholischen Kirche des Landes zu diskutieren.

Die Bischöfe wollen dabei auch jene aktuellen Themen ansprechen, die den Katholiken dieser Tage unter den Nägeln brennen: Wie mit den Missbrauchsfällen umgegangen wird, die in den vergangenen Wochen aufgekommen sind. Wie und inwieweit Laien in die Arbeit in den Pfarren eingebunden werden können. Und welche strukturellen Änderungen dazu führen können, die katholische Kultur lebendig zu erhalten – in einer Zeit, in der der Priestermangel mehr und mehr Pfarren ohne Seelsorger zurücklässt.

Von der düsteren Ernsthaftigkeit, die diese Fragen aufwerfen, ist zu Beginn des „PGR“-Kongresses am Donnerstagnachmittag aber wenig zu spüren. Im Gegenteil, die Atmosphäre im Kongresszentrum ist gelöst, als ob sich die Teilnehmer, die teils mit Bussen, teils aber auch – im Stile einer echten Wallfahrt – zu Fuß angereist sind, das Motto der Veranstaltung zu Herzen genommen hätten: „Wo Gott ist, ist Zukunft“, prangt in großen, weißen Lettern auf den Fenstern hinter der Rednertribüne, wo Kardinal Schönborn später die Veranstaltung eröffnen wird.

„Wir sind mündige Christen“

Nein, eine düstere Stimmung, wie sie auch das neblig-feuchte Wetter in Mariazell verbreiten könnte, macht sich nicht breit: Bei Kaffee und Kuchen unterhalten sich Menschen aus allen Teilen Österreichs, die einander gerade erst kennengelernt hatten, ausgelassen und neugierig, als ob die ganze Veranstaltung ein einziges, großes Pfarrcafé wäre.

Bei allem Optimismus, den die Teilnehmer des Treffens ausstrahlen, nur ein gemütliches Beisammensein erwartet sich hier niemand: „Ich erwarte mir, dass hier die Probleme angesprochen werden, die wir in den Pfarren haben“, sagt Herbert Kraushofer. Der Niederösterreicher ist Pfarrsekretär in einer der Militärpfarren und erwartet sich von den Bischöfen klare Worte zu Debatten wie Zölibat, Priestermangel und Missbrauchsprävention. Der Soldat ist optimistisch, dass diese Themen angesprochen werden: „Wir sind alle mündige Christen genug, um so etwas gelassen zu diskutieren.“

Optimistisch gestimmt hat die Gesandten der Pfarrgemeinden nicht zuletzt, dass der Eisenstädter Bischof Paul Iby im Interview mit der „Presse“ am Mittwoch die Sinnhaftigkeit des verpflichtenden Zölibats für Priester in Zweifel gezogen hat.

Dass dieser abgeschafft werden sollte, daran zweifelt auch unter den Pfarrgemeinderäten, die nach Mariazell gekommen sind, niemand. Auch wenn sich die übrigen Bischöfe bisher jeden Kommentars zu Ibys Vorstoß enthalten haben, erwarten viele der Gesandten im Rahmen des Kongresses und in der Folge einen Umschwung in der österreichischen Kirche.

Denn: „So wie bisher kann es nicht weitergehen“, sagt Magdalena Maier, Pfarrgemeinderätin aus der Diözese Graz-Seckau: „Änderungen in der Kirche brauchen lange – aber wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.