Westbalkan-Gipfel: „Wir haben keine Alternative zur EU“

Bei einer Konferenz im polnischen Posen übten die Gastgeber Kritik am EU-Aufschub der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien.

Posen. Als „strategische Verantwortung im eigenen Interesse“, bezeichnete die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, am Freitag im westpolnischen Poznań (Posen) die EU-Beitrittsperspektive für den Westbalkan. Sie sei „optimistisch“, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien im Oktober beginnen könnten, sagte Merkel zum Abschluss des fünften Westbalkan-Gipfels, an dem auch Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein teilnahm.

In erster Linie Frankreich, aber auch die Niederlande hatten vor Kurzem mit Verweisen auf Korruption und Kriminalität den ursprünglich für Juni vorgesehenen Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien blockiert.

Der Westbalkan-Gipfel findet seit fünf Jahren im Rahmen des sogenannten Berlin-Prozesses statt und vereinigt eine Reihe interessierter EU-Mitglieder mit den sechs Westbalkanländern Serbien, Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien. Merkel hat das Format 2014 initiiert, um die Integration des Westbalkan zu fördern. Polen hat dieses Jahr die Präsidentschaft inne.

Strategischer Wettkampf

Der nicht immer einfache EU-Mitspieler Polen ist diesmal bei den Delegationen Südosteuropas durch ein großes Engagement aufgefallen. Warschau sei sich sehr wohl bewusst, dass ein strategischer Wettkampf mit Russland und Chinas um den Westbalkan im Gange sei, begründete Premierminister Mateusz Morawiecki das Augenmerk für diese Region. „Die EU kämpft auf dem Balkan aktiv gegen russische und chinesische Interessen, und Polen unterstützt dies“, so Morawiecki. Zudem könne sein Land kraft seiner Transformationserfahrung viel Know-how in den Integrationsprozess mitbringen.

Polens Außenminister, Jacek Czaputowicz, kritisierte bereits am Donnerstag mehrmals, dass Nordmazedonien trotz enormer Reformanstrengungen im Juni kein grünes Licht für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erhalten habe. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn brach dann ebenfalls eine Lanze dafür, dass im Oktober Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien aufgenommen werden sollen. Bei Nordmazedonien verwies Hahn insbesondere auf den gelösten Namensstreit mit Griechenland. Die Europäische Union müsse ihre Versprechen nun umsetzen und die „Staaten, die historischen Fortschritt“ erzielt hätten, belohnen.

Das kleine Land zwischen Serbien und Griechenland hat mittlerweile nicht nur sein Wirtschaftswachstum kräftig angekurbelt, sondern auch bei der Korruptionsbekämpfung und Rechtsstaatlichkeit aufgeholt. „Ich bin optimistisch, dass uns auch Frankreich im Oktober grünes Licht geben wird“, sagte Nordmazedoniens Regierungschef, Zoran Zaev. „Für uns gibt es keine Alternative zum EU-Beitritt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2019)

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