Das wichtigste Wort der deutschen Sprache

Warum sagt man zu dem eigentlich nicht Schienenzeug?
Warum sagt man zu dem eigentlich nicht Schienenzeug?(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Es ist so unelegant, aber nur Zeug hat das Zeug dazu, dass man damit eigentlich alles sagen kann.

Eleganz ist nicht die große Stärke der deutschen Sprache. Das sieht man unter anderem daran, wie plump manche Begriffe gebildet werden. Ein mehrere Tonnen schweres Gerät, das sich durch die Umlenkung von Luftströmung an den Tragflächen Auftrieb erzeugt, um damit abheben und in den Himmel aufsteigen zu können, dieses Wunderwerk der Technik, dieses Mittel zur Loslösung vom festen Boden unter den Füßen – und das nennen wir ganz lapidar – Flugzeug. Zeug! Ein Wort, in dem die Abwertung mitschwingt. Etwas, das keinen besonderen Wert hat, das mehr oder weniger unbrauchbar ist und das deshalb nicht einmal eine eigene Bezeichnung verdient hat, vergleichbar vielleicht noch mit dem Dings. Und dieses Teufelszeug ist auch noch weit verbreitet! Fahrzeug. Spielzeug. Bettzeug. Feuerzeug. Bettzeug. Badezeug. Nähzeug. Grünzeug. Putzzeug. Werkzeug. Zaumzeug. Als hätte die Sprache nicht mehr an Kreativität zur Verfügung gehabt und daher an alles, wofür man keinen eleganten Begriff kreieren wollte, einfach Zeug gehängt.

Nun, tatsächlich steht der Begriff für vieles, von Gerät, Ausrüstung, Rohstoff und Material bis zum Gewebe, etwa bei Kleidung. Ursprünglich kommt es vom Ziehen im Sinne von etwas heranziehen – über einige Umwege wurde aus dem Herangezogenen das Zeug. Und das schaffte es dann als Sammelbegriff für Gegenstände aller Art in unseren Wortschatz, zum Teil halt mit abwertender Bedeutung. Aber nicht nur, denn sich ins Zeug legen (sich anstrengen) oder das Zeug für etwas haben (begabt für etwas sein) wird ja durchaus positiv verstanden. Zeug muss also nicht unbedingt gleichbedeutend mit Klumpert, Krimskrams oder Tinnef sein. Vor allem beim Flugzeug wäre das auch unangenehm. Wobei, heute fahren ja eh immer mehr lieber mit dem Zug. . . warum sagt man zu dem eigentlich nicht Schienenzeug?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2019)

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