Prüfen, ermitteln, anklagen

Was an Vorwürfen wirklich dran ist, mit denen sich die Strafverfolgungsbehörde beschäftigt, kann sehr stark divergieren.

Wien. Es war ein Trick unseriöser Medien: Sie ließen bei der Staatsanwaltschaft (StA) anonyme Vorwürfe deponieren, um sich sodann bestätigen zu lassen, dass die Staatsanwaltschaft sich mit dieser Causa beschäftigt. Das sagte zwar nicht mehr, als dass die Staatsanwaltschaft ihrer Pflicht nachkam; zum Anpatzen reichte die Methode allemal.

Ähnliches passiert, vielleicht ungewollt, vielleicht bewusst, nun im Gefolge von Ibiza-Gate. Was auch immer als Vorwurf auf dem Tisch der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft liegt, wird in der politischen und medialen Auseinandersetzung schon als bestätigt genommen. So leicht darf es eine StA sich aber nicht machen.

Sie muss zunächst prüfen, ob ein „Anfangsverdacht“ vorliegt, also ein strafrechtlich relevantes Verhalten geschehen sein könnte. Nur unter dieser Voraussetzung leitet sie Ermittlungen gegen einen oder mehrere Verdächtige (oder gegen unbekannte Täter) ein. Justizminister Clemens Jabloner hat in seiner Anfragebeantwortung an die Neos 19 Vorwürfe in der Causa Ibiza aufgelistet, von denen die meisten noch „auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft werden“. Erst wenn jemand aufgrund bestimmter Tatsachen verdächtig ist, Strafbares gemacht zu haben, und die StA Ermittlungsschritte gegen ihn setzt, ist der Betroffene „Beschuldigter“. Jabloner hat in seiner Anfragebeantwortung von genau sechs Menschen gesprochen, die derzeit als Beschuldigte geführt würden. Der Minister nennt weder Namen noch konkrete Vorwürfe. Bestätigt wurde zuvor, dass es sich um den Verdacht der Untreue handelt. Ferner wird laut Hausdurchsuchungsanordnung in der Glücksspiel-Causa das Vorliegen von Bestechung und Bestechlichkeit geprüft.

Ermittelt wird auch gegen einen Mitarbeiter von Ex-Kanzler Kurz in der Schredder-Affäre, und zwar wegen Betrugs, Sach- und Datenbeschädigung. Der von der Ex-Opposition schon als gewiss unterstellte Zusammenhang mit Ibiza ist vorerst durch nichts belegt. Eine von mehreren Möglichkeiten der StA, ihr Verfahren abzuschließen, ist die Anklage. Erst dann entscheidet das Gericht – und bis dahin gilt die Unschuldsvermutung. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2019)

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