Prölls Steuerpläne: Experte fordert höhere Strafzinsen

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Finanzrechtler Doralt begrüßt das Vorhaben des Finanzministers. Doralt macht im „Presse“-Gespräch aber auch eigene Vorschläge, wie der Finanzminister zu mehr Geld kommen könnte.

Wien. „Sehr positiv“ sieht Werner Doralt, Steuerexperte an der Uni Wien und profilierter Kritiker des heimischen Steuersystems, die Vorschläge von Finanzminister Josef Pröll gegen Steuerbetrug. Die Strafverfahren bei Steuerbetrug zu verschärfen sei ebenso sinnvoll wie eine Vereinfachung der Finanzstrafverfahren bei niedrigeren Schadenssummen.

Doralt macht im „Presse“-Gespräch aber auch eigene Vorschläge, wie der Finanzminister zu mehr Geld kommen könnte. Ein wesentlicher Punkt seien für ihn die Außenstände. Da gäbe es ein einfaches Mittel: Derzeit verrechne die Finanz bei gestundeten Steuerschulden Stundungszinsen von 4,5 Prozent. Das, so Doralt, sei für Unternehmen ein relativ geringer Zinssatz für einen leicht erhältlichen Kredit. Eine Anhebung des Zinssatzes um 1,5 Prozentpunkte würde schlagartig mehr Geld in die Kassen spülen, ist er überzeugt. Entweder, weil der Steuerkredit nicht mehr so oft in Anspruch genommen wird – oder weil dann höhere Zinsen anfallen.

Auch die Finanzstrafverfahren will Doralt auf ähnliche Weise vereinfachen. Bei fahrlässiger Steuerhinterziehung (also nicht bei Vorsatz) ließe sich das ganze Verfahren ersetzen, indem einfach höhere Verzugszinsen für die Steuerschuld eingehoben werden. Dadurch würde sich das Finanzamt ein kompliziertes Verfahren ersparen, der Steuerpflichtige würde sich nicht mehr so sehr wehren (weil er nicht verurteilt wird) und die höheren Verzugszinsen würden in vielen Fällen mehr ausmachen als die derzeit verhängten Strafen. Eine Win-win-Situation also für alle Beteiligten.

Finanzpolizei kommt

Höhere Einnahmen will sich Pröll auch durch eine bessere Fahndung holen. Die Spezialgruppe im Finanzressort gegen den Sozial- und Steuerbetrug (Kiab) wurde im Jahr 2002 mit 98 Mitarbeitern gestartet. Bis 2009 erfolgte eine Verdreifachung des Personals auf 310 Posten. Fix ist eine weitere Aufstockung, die genaue Zahl ist noch offen. Dies auch deswegen, weil die Finanzverwaltung insgesamt laut Stellenplan bis 2014 noch mehr als 600 Posten abbauen muss. Die Kiab soll jedenfalls nach der Aufstockung und Erweiterung ihrer Kompetenzen zu einer Art Finanzpolizei werden.

Genauere Zahlen gibt das Finanzressort dafür zu den Bargeldtransfers bekannt. Diese sollen laut Pröll-Plan künftig schärfer kontrolliert werden – wer mehr als 10.000 Euro in den EU-Raum ein- oder aus der EU ausführt, muss dies bekanntlich melden. Allein heuer wurden bei 519 Kontrollen am Flughafen Wien (10.800 Passagiere wurden dabei überprüft) 91 Personen mit Geldkoffer erwischt, die insgesamt mehr als vier Millionen Euro transferieren wollten. Dabei ist der Flughafen gar nicht so sehr der Schwerpunkt. Banken in der Schweiz und in Liechtenstein bieten als eigenes Service an, dass ein Geldbote Bargeld nach Wien bringt.

Gegen Sozialmissbrauch

Ein weiterer Schwerpunkt des Pröll-Pakets ist der verstärkte Kampf gegen Sozialmissbrauch. Da sieht allerdings das von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geleitete Sozialministerium wenig Hoffnung auf große Einsparungen. Pröll hat nämlich vermutet, dass es Missbrauch bei der Mindestpension (Ausgleichszulage) gibt. Ausländer könnten formal nach Österreich ziehen, um die hier höhere Ausgleichszulage zu erhalten, in Wirklichkeit aber weiter in ihrem Heimatland leben.

Das Sozialministerium verweist darauf, dass dem bereits im Vorjahr ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben wurde. Bei Missbrauchsverdacht müssen Bezieher von Ausgleichszulagen nun beweisen, dass sie tatsächlich in Österreich leben. Das Geld wird in solchen Fällen nicht mehr aufs Konto überwiesen, sondern muss in bar abgeholt werden.

Außerdem gebe es nur 550 Fälle von Ausländern mit einer ausländischen Pension, die Ausgleichszulagen beziehen – 336 davon kommen aus Deutschland. Das Finanzministerium bleibt freilich dabei: Im Bereich der Ausgleichszulagen gebe es einiges, was man sich ansehen müsse.

Eine andere Neuregelung aufgrund einer EU-Verordnung soll vor allem zusätzliches Geld für die maroden Krankenkassen bringen. Bezieher von Pensionen aus dem Ausland müssen nun Beiträge zur Krankenversicherung zahlen. Rund 120.000 Pensionisten sind betroffen. Leitartikel Seite 31

AUF EINEN BLICK

Finanzminister Pröll hateine „Aktion scharf“ gegen Sozial- und Steuerbetrug angekündigt. Unter anderem wird die Zahl der Mitarbeiter der Spezialgruppe Kiab im Finanzministerium von 310 im Vorjahr noch weiter aufgestockt. Überdies sollen Steuerrückstände verstärkt eingetrieben werden. Offen bleibt für Experten allerdings, wie viel an zusätzlichen Einnahmen durch ein strengeres Vorgehen tatsächlich hereinkommt. Gegen Missbrauch von Mindestpensionen durch Ausländer gibt es seit dem Vorjahr schon Verschärfungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2010)

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