Morgenglosse

Wenn die Grünen blau werden

Ein sehr früher Vorgänger Werner Koglers und dann unter Maria Vassilakou sehr mächtiger Mann im Hintergrund, Christoph Chorherr, bringt die Grünen in Bedrängnis. Eineinhalb Wochen vor dem D-Day platzen neue Nachrichten über Korruptionsermittlungen in den Nationalratswahlkampf. Zufall oder nicht? Uninteressant!

Für ein paar Tage geruhten die Grünen in Wien auf drängendes Nachfragen von Medien maximal per schriftlicher Stellungnahme zu kommunizieren. Als es um neue Entwicklungen in der Causa Christoph Chorherr ging war man - anders als bei der Präsentation jeder Sprühnebelanlage oder jedes neuen Brunnens - schmähstad, wie es in Wien heißt. Gegen ihn und sieben weitere Verdächtigte ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Sie geht (noch immer) einer Anzeige aus dem Jahr 2017 nach. Die Vorwürfe gegen die Acht wiegen schwer: Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit und Bestechung.

Kein Nobody

Christoph Chorherr ist kein Nobody. Er ist das, was man grünes Urgestein nennen könnte. Immerhin ist er sogar einer der Vor-Vor-Vorgänger Werner Koglers. 1996/1997 führte er - die Jüngere kannten ihn in dieser Funktion nicht - die Bundespartei an. Danach war er Mitglied des Wiener Gemeinderats und entwickelte sich während der rot-grünen Koalitionsregierung im Rathaus zu so etwas wie dem Mister Stadtplanung. Während an der Rampe die eigentlich dafür zuständige Stadträtin Maria Vassilakou (nicht immer unerfolgreich) Kämpfe um Mariahilfer Straße, Radwege und Pickerlzonen bestritt, fielen die großen, finanzschweren Entscheidungen im Hintergrund unter der Federführung Christoph Chorherrs.

Gerüchte und Vorwürfe gibt es einige. Es geht um Spenden von Immobilienunternehmern an einen Verein, der Schulen in Afrika baut,  des damaligen grünen Planungssprechers und Widmungen, von denen die Spender profitiert haben. Christoph Chorherr selbst stellt fest, er habe sich in seiner politischen Arbeit nie von Spenden beeinflussen lassen. Gestern Nachmittag ist die neue Wiener Grün-Chefin Birgit Hebein ausgerückt. Chorherr habe den Fehler begangen, Spenden anzunehmen, meinte sie. Aber geh! Und es sollte eine gewisse Zeitspanne zwischen politischer Funktion und Antreten eines Jobs eingehalten werden, der eine Nähe zum vorigen Betätigungsfeld hat. Aber geh! Chorherr ist nach seinem Ausscheiden aus der Politik für einen Bauunternehmer aktiv.

In der Opferrolle - von der FPÖ gelernt

Im übrigen sei es kein Zufall, dass so knapp vor der Wahl undsoweiterundsofort. Der Zeitpunkt ist uninteressant, interessant ist lediglich, ob der Verdacht stimmt oder nicht. Da hat Hebein wenig Erhellendes gesagt. Auch interessant: Die Grünen sehen sich in der Opferrolle und legen typisch blaues Verhalten an den Tag.

Ob es im Rückblick ein Fehler gewesen sei, dass er bei Förderungen für seinen Verein zum Schulbau in Afrika selbst im Gemeinderat mitgestimmt habe, wollte die „Presse“ im Vorjahr wissen. Die Antwort Christoph Chorherrs: „Vielleicht ein ästhetischer." Ästhetik und Politik? Ein schwieriges Feld. Dabei würde ein reibungsloses Zusammengehen von Ethik und Politik schon reichen.

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