Pop

Violetta Parisini: Lachtherapie

(c) Universal
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Österreichische Sängerinnen können auch lachen. Violetta Parisini etwa,
Songwriterin in charmanter Pop-Verpackung.

TIPP

Flucht und Suche. Gespickt mit einer Prise Selbstironie. So lässt sich das Debütalbum der Wiener Sängerin Violetta Parisini vielleicht auf den Punkt bringen. Sie hat sich Zeit gelassen mit diesen 13 Songs auf „Giving You My Heart To Mend“, auch weil sie „erst mal den Mut dazu finden“ musste und die „Rampensau in sich entdecken“. Gemeinsam mit ihrem Produzenten Florian Cojocaru ist ihr das nun gelungen. Herausgekommen sind ehrliche, unmittelbare Songwriter-Stücke mit Pop-Appeal. Die sich nicht nur um die Liebe drehen, sondern vor allem um die Phasen dazwischen.

Es hat eine Weile gedauert bis zur Veröffentlichung Ihres Debüts. Warum?

Es war ein langer Prozess – in meiner Entwicklung und dann natürlich auch in der Zusammenarbeit mit Florian Cojocaru. Ich habe sozusagen jahrelang gedankliche Vorarbeit geleistet. Und wenn ich mir anschaue, wie manche mit 16 Jahren Musik machen, denke ich mir: Wahnsinn, das hätte ich nicht geschafft. Ich hätte diesen Mut und diese Konsequenz nicht gehabt. Mein Album ist jetzt ein Produkt eines langen und persönlichen Weges.
Und eine Veröffentlichung hat auch mit Loslassen zu tun.
Das ist schwierig. Man will ja richtig verstanden werden. Und ich habe generell den starken Drang, mich zu erklären. Gerade, weil es auch ein sehr persönliches Album ist.

Wie soll man es denn verstehen?

Das Album reflektiert natürlich nur einen Teil von mir. Wenn ich es höre, dann höre ich ganz verschiedene Stufen meines Denkens und Fühlens. Dabei gibt es ein paar Themen oder grundsätzliche Gedanken, die immer wiederkehren. Da geht es um die Suche nach sich selbst. Und um die Flucht vor sich. Diese beiden Aspekte greifen doch immer wieder ineinander.

Warum müssen österreichische Sängerinnen ­eigentlich immer so viel leiden?


Weil man aus dem Leid heraus einen ganz starken Drang verspürt, sich auszudrücken. Meine Songs sind für mich auch eine Verarbeitung von der Depression in die Manie, vom Leid in die Freude. Für mich ist es zu kurz gegriffen, einfach traurig zu sein und aus. Bei mir geht es um den Impuls: Okay, es ist traurig, aber ich versuche, es jetzt ­aktiv zum Guten zu wenden. Und dieses Aktive ist dann der Song.

„Giving You My Heart To Mend“ ist ein eher ­optimistisches Album.

Das ist genau, worum es geht. Ich bin zwar sehr leidaffin, aber in letzter Konsequenz bin ich fröhlich. Und mag die Welt. Auch wenn sie beschissen ist. Das Songschreiben ist eine Art Analyse, es geht darum, etwas auszudrücken, um es zu verstehen und sich dann darüber hinwegzusetzen. Ein Ausmisten. Singen ist, auch wenn das jetzt cheesy und esoterisch klingt, immer ein Selbstfindungsprozess.

Ist es nicht anstrengend, ständig an sich zu ­arbeiten?

Ich bin ein Junkie, was das betrifft, ein Selbstentwicklungsjunkie. Ich denke generell viel nach und sehr viel über mich selbst. Ich übertreibe das vielleicht auch, aber aus dieser starken Beschäftigung mit mir heraus passieren meine Songs.

Also war es immer klar, dass Sie Musik machen werden?

Singen war immer meine Leidenschaft, aber ich hab mich früher nicht so recht getraut. Mit 18 habe ich dann meine Stimme verloren, eine Zeit lang konnte ich nicht mal sprechen, hatte Zettel, um zu kommunizieren. Es ist komisch, dass die eigene Stärke auch immer die ­eigene Schwäche ist und umgekehrt. Die Ärzte haben mir gesagt, ich kann nicht singen, das kann ich vergessen. Meine Stimmbänder haben Knötchen und schließen nicht. Also hab ich mir gedacht, ich mach, was ich am besten kann – denken und mit Sprache umgehen – und hab angefangen, Philosophie und Theaterwissenschaft zu studieren. Ich bin sehr interessiert am Lernen, daran, wie man am besten lernen kann und Leute dazu bringt. Das würd ich auch gern in meiner Musik ver­stärken. Diesen „Tritt in den Arsch“-Effekt.

Die Ärzte haben sich ganz offensichtlich geirrt.

Ich war einfach nicht mehr dort. Aber meine Gesangslehrerin hat mir erst vor Kurzem gesagt, sie hört, dass meine Stimmbänder schließen, die können nicht kaputt sein. Ich glaube, dass das viel mit der Psyche zu tun hat. Je weiter ich in meiner persönlichen Entwicklung komme und lerne, mich nicht so ernst zu nehmen, desto besser geht’s meiner Stimme.

Sie sind ein eher altmodischer Mensch, richtig?

Ja. Es ist mir wichtig, mich in Richtung Entspannung zu entwickeln, weg vom Perfektionszwang. Und in Richtung Selbstironie. Es geht mir darum, nicht nur den eigenen Mustern unterworfen zu sein und der Welt in dem eigenen Schmerz zu begegnen. Sondern, dass man darüber hinweggeht. Und ich bin idealistisch. Florian Cojocaru sagt immer zu mir „Don’t preach.“ Das versuche ich auch zu beachten und mache eben keine „Die Welt ist scheiße“-politischen Lieder. Aber happy ­peppy bin ich auch nicht. Das ist immer ein Problem. Es gibt immer etwas, das nicht fertiggedacht ist. Deswegen ist auch meine Musik nie fertiggedacht.

Warum? Weil man als Musiker auch etwas weitergeben will?


Das klingt immer wahnsinnig pathetisch, aber natürlich geht es darum, Impulse zu setzen. Das ist vielleicht naiv, aber das kann schon was: so eine positive Naivität. Hätten wir alle mehr davon, würden wir uns vielleicht besser verstehen. Mehr lachen. Humor scheint die höchste Entwicklungsstufe zu sein, welches Tier kann sich über sich selbst amüsieren? Das ist eine der größten Gaben des Menschen: dass er über sich selbst lachen kann. Auch über den Schmerz und die eigene Dummheit, das macht die Welt zu einem besseren Ort. Das ist, was ich gelernt habe, während das Album entstanden ist. Ich glaube, früher war ich nicht so lustig.

Giving You My Heart To Mend von Violetta Parisini (Universal)

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