Objekte. Wilhelm, Tone, Hans, Peter, Jonas (v. l.) heißen nach Mitarbeitern.
Gestaltung

Aberjung: "'Design' ist so abgelutscht wie 'Nachhaltigkeit'"

Industrie- und Grafikdesign, Architektur. Dafür steht Aberjung, das Büro für Gestaltung aus Lienz. Und ab sofort auch für Möbel.

„Wir wollten immer schon einmal Dinge machen, die Bestand haben. Deshalb haben wir jetzt Möbel gemacht", sagt Lukas Jungmann. Er ist einer von zwei Geschäftsführern bei Aberjung. Gemeinsam mit Christoph Aschaber führt er das Büro für Gestaltung, das die beiden 2012 nach dem Industriedesign-Studium an der FH Joanneum in Graz gegründet haben.

„Wir waren die einzigen Tiroler, das hat zusammengeschweißt", erzählt Aschaber und lacht. Der Verbindung aus der Heimat folgten gemeinsame Projektarbeiten. Den ersten selbstständigen Schritten als Designer von Jungmann ab 2010 schloss sich Aschaber nach seiner Designtätigkeit bei Magna Steyr an. Ursprünglich kommen die beiden aus dem Maschinenbau und Bauwesen. Heute führen die Designer ein kleines Team mit Sitz in der Osttiroler Bezirkshauptstadt Lienz. Von dort aus bedienen sie eine namhafte Klientel: Red Bull, La Sportiva, die Essigmanufaktur Gölles oder der Nationalpark Hohe Tauern zählen auf die Aberjungs.

„Woher der Name stammt? Der ist einfach picken geblieben, nachdem unsere Kunden vermehrt gefragt haben: ‚Wo sind die Aberjungs?‘", sagt Aschaber. Hubschrauber, Corporate-Identity-Strategien, Innenraumgestaltung oder Therapiegeräte zählen zum Produktportfolio des Büros für Gestaltung, das sich partout nicht Designstudio nennen möchte. „‚Design‘ ist so abgelutscht wie ‚Nachhaltigkeit‘. Das wollten wir nicht", sagt Jungmann.

Team. Lukas Jungmann (l.) und Christoph Aschaber mit ihren ­Aberjung Objects.
Team. Lukas Jungmann (l.) und Christoph Aschaber mit ihren ­Aberjung Objects.(c) Aberjung GmbH

Im Fokus ihrer Arbeit steht bei den Jungs, die aus Imst und Lienz stammen, immer ein Mehrwert. Auch bei den „Aberjung Objects". „Wir wollten nicht den millionsten Sessel erschaffen, sondern Möbel, die eine Berechtigung haben", erklärt Jungmann den Zugang zur ersten eigenen Möbelserie. „Wir wollten den Sinn des Möbels aufgreifen und mit Bedeutung aufladen", ergänzt Aschaber. So entstanden in einem zweijährigen Prozess die „Aberjung Objects".

Aus Osttiroler Lärche – gebürstet und gebeizt –, aus Messing, in den Farben Naturbraun oder Blütenweiß und mit versierten Handwerkern der Tischlerei Lanser aus Innervillgraten, einem Dorf in Osttirol mit knapp 1000 Einwohnern. „Jonas", „Tone", „Peter", „Wilhelm" und „Hans" wurden erstmals auf der Mailänder Möbelmesse 2019 vorgestellt. Die Präsentation glich einer kleinen Kunstausstellung. Puristisch, geometrisch, klar wirken die Möbelstücke. Erst durch die Interaktion mit dem Menschen verrät sich ihr Nutzen. Der ein sehr praktischer ist: Sitzen, Liegen, Arbeiten, Verstauen, Beleuchten. „Es ist entweder eine Installation. Oder zu 110 Prozent Funktion", sagt Aschaber über die Objekte.

Tiny Regionalobjekte. Am Beginn der „Aberjung Objects" stand „Jonas". Das Möbel ist eine Hommage an den Sekretär im 21. Jahrhundert. An die Wand gelehnt gleicht er einem Bild des Malers Piet Mondrian. Aus der späten Phase. Und ohne Farbe. Den Namen hat „Jonas" von einem Praktikanten. „Das gilt übrigens für die gesamte Kollektion: Ihre Namen haben sie von bedeutenden Mitarbeitern", verrät Jungmann. Dass dies nur Männer sind, ist keine Absicht. „Wir können uns natürlich auch Frauennamen für unsere Möbel vorstellen." „Tone" geht etwa auf den Schmied zurück, der den Couchtisch zum Kippen mit einem kunstvollen Messingzylinder ausgestattet hat.

„Die Namensgebung ist unsere Art der Wertschätzung. Chefnamen tragen sie keinen", sagt Jungmann. Simple Möbel aus der Heimatregion sind Inspiration für die Objects. Ein Melkschemel mutiert zum kubistischen Balanceakt („Peter"). Aus einem Hiefler zur traditionellen Heutrocknung wird ein Stummer Diener („Hans"), aus einem Gipfelkreuz eine Lampe („Wilhelm"). Die minimalistische, hochwertige Ausführung hat ihren Ursprung im Thema Tiny Living, dem Ansatz, auf reduziertem Raum, nachhaltig und bewusst zu leben. „Früher hat man Platz gespart, weil man ihn nicht hatte. Heute spart man Platz, weil man ihn sich nicht leisten kann", erklärt Jungmann. „Das gilt vor allem für den urbanen Raum. Und hier auch im Luxussegment."

Denkbare Freiheitsobjekte. Günstig sind die „Aberjung Objects" nicht. Dahinter steckt Handarbeit, Teamarbeit, Denkarbeit. „Die Preisstruktur ist im Entstehen", sagt Aschaber und ergänzt: „Wir haben schon Anfragen von Hotels oder aus dem arabischen Raum. Für 2000 Stück mit Goldbeschlägen." Aktuell sondiert das Team den Markt. Sucht Händler und Vertriebsmöglichkeiten im deutschsprachigen Raum. Schließlich steigt man mit einer reinen Denkfabrik in die erste Möbelproduktion ein. Und mit der produzierenden Tischlerei in Osttirol von Einzelobjekten auf eine Serienproduktion um.

Wie es dann weitergeht? Sind die Objects etabliert, steht Aberjung schon in den Startlöchern für weitere Ideen. „Wir haben Pläne für neue Möbelserien", verrät Aschaber. „Wie Kollektionen in der Modebranche." Dafür arbeitet das Duo eng mit seinem Team zusammen. „Meinungen machen uns stark", sind die beiden überzeugt. Und der Spaß fehlt bei der Arbeit bestimmt nicht. „Bei den Objects konnten wir absolut frei denken", sagt Lukas Jungmann. „Das reflektiert nun auf unsere anderen Projekte. Es zeigt unseren Kunden, was entstehen kann, wenn sie uns die Freiheit zu denken geben."

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