Wichtiger Schritt

Österreicher enträtselt den Haken am Wunder Bakterienmotor

Der Bakterienmotor ist einer der erstaunlichsten Wunderwerke der Natur (Im Bild: Vergrößerung vieler orangefarbener Bakterien).
Der Bakterienmotor ist einer der erstaunlichsten Wunderwerke der Natur (Im Bild: Vergrößerung vieler orangefarbener Bakterien).(c) imago/Ikon Images (imago stock&people)
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Wie sich Bakterien fortbewegen, fasziniert nicht nur „Intelligent Design“-Gläubige. Der Vorarlberger Matthias Wolf hat mit dem Elektronenmikroskop die Struktur des Gelenks zwischen Motor und Propeller aufgezeigt. Das kann helfen, Krankheitserreger besser zu bekämpfen.

Der Bakterienmotor ist einer der erstaunlichsten Wunderwerke der Natur: eine molekulare Maschine, die eine Art Propeller antreibt. Er bewegt die Bakterie auf der Suche nach Nahrung in zähen Flüssigkeiten vorwärts, sehr flott, ein Vielfaches ihrer Länge pro Sekunde. Alles wirkt wie von einem Ingenieur raffiniert konstruiert – und wurde damit zur Ikone der „Intelligent Design“-Jünger: Ein solches Gebilde könne nicht durch Evolution entstanden sein. In der Scientific Community gilt ihre These von der „nicht reduzierbaren Komplexität“ als sowohl logisch als auch empirisch widerlegt. Aber die Biologen beschäftigen sich weiter intensiv mit dem Bakterienmotor: Wenn wir verstehen, wie sich Krankheitserreger fortbewegen, können wir sie künftig besser bekämpfen. Ein wichtiger Schritt ist hier nun Forschern am Okinawa-Institut für Wissenschaft und Technologie gelungen (Nature Structural & Molecular Biology, 30. 9.). Die Schlüsselfigur ist der Österreicher Matthias Wolf, ein Spezialist für Elektronenmikroskope, dem im Vorjahr die Darstellung des Ebola-Virus auf molekularer Ebene gelungen ist.

Tiefgefrorene Salmonellen

Diesmal ging es um den „Haken“: ein Gelenk zwischen dem Motor in der Zellmembran und dem Flagellum an der Oberfläche, einem hohlen, spiralförmig gewundenen und rotierenden Proteinfaden, der die Bakterie wie eine Schiffsschraube fortbewegt. Die Verbindung beider kann man sich wie ein biegsam gekrümmtes Rohr vorstellen. Wie sie aufgebaut ist, gab bisher Rätsel auf: Sie muss so flexibel sein, dass sie die „Geißel“ in eine bestimmte Richtung orientieren kann, aber auch stabil genug, um das Drehmoment des Motors zu übertragen (also ausreichend verwindungssteif sein, wie Techniker sagen). Mit üblichen Methoden lassen sich solche Strukturen im Nanobereich nicht erforschen. Sehr wohl aber, wie sich zeigte, durch Kryo-Elektronenmikroskopie: Wolf und sein Team nahmen Proben von Salmonellen, reinigten den Haken, froren ihn bei weniger als 150 Grad unter Null ein und fotografierten ihn. Das zweidimensionale Bild rechnete dann der Computer zu dreidimensionalen Modellen hoch. Das Ergebnis: Der Haken hat 130 Untereinheiten. Jede baut sich aus drei steifen Bereichen auf, die durch zwei biegsame Gelenke miteinander verbunden sind. Zudem kann jede Untereinheit zwischen mindestens elf Ausformungen wechseln, wodurch sich die Struktur des Hakens rasch verändern kann. „So flexible Gelenke kriegt auch menschliche Ingenieurskunst nicht hin“, staunt einer der Autoren. Neues Wasser auf die Mühlen der Kreationisten ist das freilich nicht.

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