Kosmetiktrends

Verkapselte Beauty-Innovationen

Tröpfchen, Blasen, Mikrokugeln – auch innovative Kosmetika setzen heute auf moderne Transportmittel.

Menschen und Emulsionen: Was für eine Liebesgeschichte! Hält sogar, ausnahmsweise, ein ganzes Leben lang: Babys wissen Muttermilch schon zu schätzen, noch lang bevor sie ihre Nudeln mit Butter garnieren. Als Erwachsene freunden wir uns dann mit Ouzo und Pastis an beziehungsweise – noch ein Stück erwachsener – mit dem Antifalten-Cremetöpfchen.

Nüchtern betrachtet ist eine Emulsion ein Mix zweier Flüssigkeiten, die sich eigentlich nicht besonders gut vertragen, Öl und Wasser beispielsweise. Und sie zu vereinen, muss gerührt (Ouzo), geschüttelt (Salatdressing) oder mit Hochdruck homogenisiert (Milch) werden. Lange Zeit waren die so hergestellten Emulsionspartikel jedoch zu unregelmäßig oder schlicht zu groß, um für die High-End-Kosmetikindustrie ernsthaft interessant zu werden. Erst in den vergangenen Jahren wurden Methoden entwickelt, mit denen sich exakt gleich große – oder besser: kleine – Tröpfchen herstellen lassen, die dann auch direkt in die Zelle eindringen können.

Diese Technik bezeichnet man als mikrofluidische Emulgierung oder kurz: Mikrofluidik. Die Forschung dazu findet überwiegend im Grundlagenbereich statt und wird meist von Start-up-Unternehmen genutzt, die sich für die Zusammenarbeit finanziell potente Branchen aussuchen: Pharmazeutik, Biotechnologie – oder eben Kosmetik.

Mit Tiefgang. Das Maison Chanel beteiligte sich an einer solchen Kooperation. Für ein Forschungsprogramm holte sich Christian Mahé, Senior Vice President of Chanel Beauty Research and Innovation, vor zehn Jahren den Physiker und Mikrofluidik-Pionier David Weitz ins Boot. Gemeinsam mit dessen französischem Start-up Capsum brachte man zusammen, was es für eine revolutionäre Produktinnovation eben braucht: Capsum lieferte die Expertise in der Mikrofluidik, Chanel das Know-how über Rezepturen und die Bedarfslage der Kosmetikindustrie. Das Teamwork führte 2015 zur Lancierung der „Hydra Beauty"-Serie mit dem „Micro-Sérum" als Starprodukt.

„Die Partnerschaft zwischen Chanel und dem Start-up-Unternehmen Capsum ist ein Beispiel für erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit", erklärt Christian Mahé. „Die Innovation der Mikrofluidik eröffnet ganz neue Möglichkeiten für die Kosmetik von morgen." Jüngstes Mitglied der Hightech-„Hydra Beauty"-Familie: Die „Micro Liquid Essence", eine Pflegelotion mit rund 3000 gelierten Mikrokapseln pro Einheit, die mit frischen Kamelien-Zellwirkstoffen versetzt sind. Diese wiederum werden bis zum Zeitpunkt der Anwendung innerhalb der Kapsel aufbewahrt und – vergleichbar mit einer Injektion – erst direkt in der Haut freigesetzt.

(c) Beigestellt

Von links: „Dior Prestige – La Micro-Lotion de Rose" von Dior soll klären und pflegen, 90 €. „Absolute Silk Micro Mousse Treatment" von Sensai, eine Anti-Aging-Lotion als Schaum, 166 €. „Hydra Beauty – Micro Liquid Essence", energetisierendes Fluid-Konzentrat von Chanel, 90 €. „Time Release Retinol Anti-Age" von Phyris mit Retinol in liposomal verkapselter Form, 35 € über www.cosmetic-gallery.at. „Immortelle Overnight Reset Öl-in-Serum" von L’Occitane mit ätherischem Immortelle-Öl in goldenen Kügelchen, 59 €.

Auch Sensai lässt sich in puncto Wirkstofftransport nicht lumpen. Das japanische Beautylabel, bekannt für den charakteristischen Inhaltsstoff Seide, schwört in dieser Saison auf einen Inhaltsstoff, den wir alle seit unserer Kindheit kennen: H2CO3. „Nach mehr als 40 Jahren Forschung ist es Kanebo Cosmetics gelungen, die belebende Kraft der Kohlensäure durch eine besondere Technologie in ein Pflegeprodukt zu integrieren", freut sich Michael Georg Rial Fariña, Training Manager von Kanebo Cosmetics, dem Mutterkonzern von Sensai. Die Technologie sei in Japan patentiert, genauere Auskunft zur Produktionstechnik des neuen „Absolute Silk Micro Mousse Treatment" dürfe man nicht geben. Dafür liefert Rial Fariña ein paar anschauliche Zahlen: Die Mikro-bläschen in dem luftigen Pflegeschaum seien 8000 Mal kleiner als herkömmliche Kohlensäurebläschen und könnten deshalb optimal in die Haut eindringen. Pro Anwendung würden der Haut rund 20 Millionen dieser „Micro Bubbles" zugeführt.

Damit sie nicht frühzeitig zerplatzen, sind in der Formulierung Stabilisatoren eingebettet, die sie wie ein Airbag schützen sollen. Zudem sind dem Schaum auch Wirkstoffe der Koishimaru-Seide beigefügt. Mit ihnen soll das „Absolute Silk Micro Mousse Treatment" die Mikrozirkulation anregen und die Sauerstoffversorgung der Zellen erhöhen. Die Haut soll so ein rosiges, frisches Aussehen erhalten, Fältchen sollen verkleinert werden, die Spannkraft soll sich erhöhen und die Hyaluronsynthese gefördert werden. Zusätzlich soll die Behandlungslotion den pH-Wert der Haut stabilisieren und dadurch für intakten Schutz und einen funktionierenden Erneuerungsprozess der Haut sorgen.

In die Haut gestrahlt. Millionen von Tröpfchen, die mit hochpotenten Inhaltsstoffen gefüllt sind – daraus besteht die „Micro-Lotion de Rose" aus der „Dior Prestige"-Pflegeserie. Dafür hat sich die Dior-Forschung noch einmal intensiv mit der Rose de Granville beschäftigt und aus der widerstandsfähigen Wildrose klärende Mineralstoffe sowie reichhaltige Öle gewonnen. „Dior hat die häufigste Ursache unausgeglichener Haut erkannt: Wenn die Haut einer warmen und feuchten Umgebung ausgesetzt ist und häufig intensiv gereinigt wird, ist ihre Hydro-Lipidschicht gestört. Mineralstoffe und Wasser, die natürlich in der Haut vorhanden sind, gehen verloren", erklärt Takayoshi Sakoda, Direktor Forschung und Entwicklung im Dior-Innovationszentrum Asien.

Um die Haut intensiv zu säubern, aber gleichzeitig auch gut zu nähren, kombiniert Dior die klärenden Mineralstoffe der Rose (Zink, Kupfer, Magnesium) und die regenerierenden Eigenschaften des Rosenöls. Und nun kommt’s: Dafür wird das Öl mittels Cold-Jetting-Technologie (einer Art Trockeneis-Strahlsystem) unter hohem Druck in ein wässriges, mineralstoffreiches Gel injiziert, wodurch die Ölmoleküle in Millionen Mikro-tröpfchen aufgespalten werden und in der Formel schweben. Der Effekt? Eine ausbalancierte, frische Haut, die sich nicht mehr ölig anfühlt. Die Moral von der Geschichte: Was die Kosmetikindustrie verbindet, soll der Mensch nicht trennen.

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