"Likes": Aufregung um Gündogan und Can wegen Türkei-Jubel

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Der türkische Spieler Cenk Tosun sorgt mit einer Geste für Aufsehen, DFB-Profis signalisieren auf Instagram dazu Zustimmung, doch Joachim Löw und DFB-Direktor Oliver Bierhoff sehen „kein politisches Statement“. Die Uefa leitet ein Ermittlungsverfahren ein.

Die deutschen Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan und Emre Can stehen derzeit im Blickpunkt. Beide waren in Estland beim 3:0 der DFB-Auswahl in der EM-Qualifikation sportliche Hauptdarsteller. Daneben wird ihre Zustimmung für den Salut-Torjubel türkischer Profis heiß diskutiert. Der deutsche Coach Joachim Löw sowie DFB-Direktor Oliver Bierhoff verteidigten ihre Spieler, die um Nachsicht warben.

"Glauben Sie mir: nach dem letzten Jahr ist das Letzte, was ich wollte, ein politisches Statement zu setzen", ließ der 28-jährige Gündogan kurz vor seinem Startelf-Einsatz in Tallinn am Sonntagabend mitteilen. Der Leistungsträger von Manchester City steuerte zu dem Erfolg zwei Tore bei und bereitete das 3:0 von Timo Werner vor. Can hatte bereits nach 14 Minuten die Rote Karte wegen Torraubs gesehen.

Zuvor hatten sowohl Gündogan wie auch Can bei Instagram ein Foto mit einem sogenannten Like versehen, das türkische Fußballer zeigt, die nach Cenk Tosuns 1:0-Siegtor gegen Albanien mit der Hand an der Stirn salutieren. Der Militärgruß sei den bei der "Operation Friedensquelle" eingesetzten Soldaten gewidmet gewesen, teilte der türkische Fußballverband mit. Der türkische Militäreinsatz richtet sich gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien und wird international scharf kritisiert.

Gündogan und Can nahmen ihre Likes bei Instagram später wieder zurück. Dass aus seiner Unterstützung für seinen "sehr guten Freund" Tosun eine solche Geschichte werde, sei "ein bisschen schade", sagte Gündogan. "Da war natürlich absolut keine politische Absicht dahinter, Emre und ich sind beide konsequent gegen jeglichen Terror und gegen jeglichen Krieg." Can sagte der "Bild"-Zeitung, er habe "ohne jegliche Intention" gehandelt. Er sei "ein absoluter Pazifist".

Es sei "auf keinen Fall ein politisches Statement" seiner Spieler gewesen, richtete Löw aus. "Wer beide Spieler kennt, der weiß, dass sie gegen Terror, gegen Krieg sind." Das "beste Statement" habe Gündogan auf dem Platz gegeben, meinte Löw. "Er hat die Mannschaft in Unterzahl hervorragend geführt im Mittelfeld." Bierhoff sagte, er sehe es nicht so kritisch. Auch viele andere Spieler auf der Welt hätten das Foto "geliked", also gut gefunden. "Jetzt kann man ja nicht allen unterstellen, dass sie für Krieg und Terror sind."

Zuletzt hatte bereits eine Solidaritätsbekundung von Cenk Sahin vom deutschen Zweitligisten FC St. Pauli für Aufregung gesorgt. Sahin hatte in türkischer Sprache gepostet: "Wir sind an der Seite unseres heldenhaften Militärs und der Armeen. Unsere Gebete sind mit euch!" Angehängt ist der Name der Militäroperation. Der Club distanzierte sich von dem Instagram-Post. Die St.-Pauli-Ultras, die politisch bekennender Weise links stehen, forderten die sofortige Entlassung von Sahin.

Uefa startet Ermittlungsverfahren

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) wird nach dem Wirbel um den Torjubel türkischer Fußball-Nationalspieler ein Verfahren gegen den türkischen Verband einleiten. Nach dpa-Informationen tagt die zuständige Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer am kommenden Donnerstag. Ob dann schon eine Entscheidung über mögliche Sanktionen fallen wird, ist aber fraglich.

Die UEFA verbietet in ihren Statuten allerdings politische Bekundungen jeder Art. In der Vergangenheit waren bei entsprechenden Vorfällen, die meist von den Fans auf den Tribünen ausgegangen waren, teils harte Strafen ausgesprochen worden.
Das UEFA-Verfahren kann sich gegen den Verband, aber auch gegen einzelne Spieler richten. Zunächst werden Stellungnahmen von den Beteiligten eingeholt. Auch die Aktivitäten der Spieler in den sozialen Medien fallen unter die Zuständigkeit der UEFA. Torschütze Cenk Tosun hatte nach dem Spiel ein Foto von dem Jubel bei Instagram gepostet.

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