Kritik

Konzerthaus: Jubel für die RSO-Chefdirigentin

Marin Alsop, geboren 1956 in New York, ist seit September Chefdirigentin des RSO Wien
Marin Alsop, geboren 1956 in New York, ist seit September Chefdirigentin des RSO Wien(c) ORF/Theresa Wey
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Marin Alsop überzeugte bei ihrem Antrittskonzert – mit Hindemiths erotischem Nonnen-Schocker „Sancta Susanna“ als halb szenischem, starkem Opernfinale.

Ist der Beginn eine Hommage an Debussys „La Mer“? Klingen danach die Hörner von Sibelius' Fünfter herüber? Mit mäandernden Bläsersoli und allerlei Klangszenerien, die sich wandeln, immer weitere Kreise ziehen und zu einer großen Steigerung zusammenfinden, entwickelt sich „Rapture“ des US-Komponisten Christopher Rouse zu einem Konzert für Orchester, bei dem spätestens mit dem tonalen Selbstbewusstsein des Blechs Hollywood zum Greifen nah rückt.

Marin Alsop hat das Werk bereits 2003 im Konzerthaus vorgestellt, damals mit Bournemouth Symphony – und hat nun, wenige Wochen nach Rouses Tod, das alert-virtuose Radio-Symphonieorchester Wien des ORF als dessen neue Chefdirigentin durch die Partitur geleitet. Auch die folgende Uraufführung profitierte von der rhythmisch klaren und trotzdem nie zerhackenden Zeichengebung der gebürtigen New Yorkerin und einstigen Bernstein-Studentin, die einen von Grund auf sachdienlichen Zugang mit Emotion zu unterfüttern weiß: In „Evas Klage. O Blumen, die niemals blühen werden“ von Lera Auerbach geht es um das verlorene Paradies, um unterdrückte weibliche Stimmen – und doch auch um ein ironisches Lächeln darüber. Gleichsam historisch patinierte Science-Fiction in Form von ausgiebigen Glissandi der Ondes Martenot (einem frühen elektronischen Musikinstrument mit entrückt-unheimlichem Klang), Spieldosenmelancholie, verbeulte tonale Purcell-Zitate, Schtetl-Wehmut, Heulen, Zähneknirschen und Xylofon-Knochenklappern waberten also postmodern pittoresk durcheinander, um schließlich im zarten Lichtschein einer Durterz gen Himmel zu entschwinden.

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