Kommentar

Klimakrise: Was dürfen wir überhaupt noch?

Auch Netflix und Co verbrauchen Energie
Auch Netflix und Co verbrauchen Energie(c) REUTERS (Wolfgang Rattay)
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Fliegen ist ganz böse, Autofahren sehr böse und jetzt ist sogar Streaming schlecht. Viel bleibt nicht mehr übrig, was wir tun können, ohne die Umwelt zu belasten. Oder?

Da sitzt man also mit Freunden bei einem Bier und rechnet einander die Klimasünden vor. Der eine ist seit Jänner ganze neun Mal geflogen, die andere hat ein Auto und zwei Kinder und die dritte … die war eigentlich ganz brav. Aber sie schaut gerne Serien auf Netflix und Amazon Prime. Ertappt! Denn auch Streaming ist klimaschädlich. Das hat der französische Think Tank The Shift Project jetzt errechnet.

Diesem zufolge verursacht eine halbe Stunde Streaming Emissionen, die 1,6 Kilogramm Kohlendioxid – etwa so viel wie bei einer Autofahrt von 6,28 Kilometern – entsprechen. Videodateien sind groß, sie belegen Speicherplätze auf Servern, Bildschirme leuchten und werden im Vergleich zu früher immer größer. Das alles verbraucht Energie, die irgendwie produziert werden muss – und damit die Umwelt belastet.

Die Erkenntnis von The Shift Project wird nun durch die Medien gejgt und von heller Aufregung begleitet. Sie verstärkt nämlich ein allgemeines Gefühl, das Menschen befällt, seitdem die Klimakrise so heftig diskutiert wird und das sich in einer Frage formulieren lässt: Darf ich denn gar nichts mehr machen, ohne der Umwelt zu schaden?

Die Antwort lautet – zumindest für den sogenannten Westen, also für uns privilegierte Einwohner der Industrieländer: Kaum. So gut wie alles, was uns mehr oder weniger Spaß macht, verbraucht Energie. Das Handy? Braucht Strom, ebenso wie der Fernseher, und auch der Computer in der Arbeit, selbst das Bier am Abend wird produziert und transportiert.

Muss ich mit dem Auto fahren?

Man kann nun verzweifeln, oder die Berechnungen des französischen Think Tanks als Beitrag zur Bewusstseinsbildung sehen. Man muss nicht alles aufgeben, das kann man kaum. Aber man kann auf einige Dinge verzichten. Muss ich wirklich ins Headquarter fliegen, oder können wir die Aufgabe auch per Conference Call erledigen? Muss ich eine halbe Stunde mit dem Auto fahren, um eine Packung Butter zu kaufen oder kann ich mir eine vom Nachbarn ausleihen? Brauche ich dieses T-Shirt aus Bangladesh um fünf Euro oder die Erdbeeren aus Südafrika wirklich? Muss ich Netflix laufen lassen, obwohl ich gar nicht hinsehe, weil ich am Handy spiele?

Freilich, das alles sind nur minimale Beiträge zum Klimaschutz. Natürlich kann man das naiv nennen und bezweifeln, dass sie einen Unterschied machen, sofern Staaten wie die USA nicht umdenken und Menschen weiter massenhaft SUVs fahren. Aber wie heißt das Sprichwort? Kleinvieh macht auch Mist. Und ohne Kleinvieh gibt es eben auch weniger Mist.

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