Trauer am Grab von Havrin Khalaf. Ihre Mutter und Freundinnen gedenken der ermordeten nordsyrischen Aktivistin.
Nordsyrien

„Sie wurde nur wegen ihrer Ideen ermordet“

Die kurdische Aktivistin Havrin Khalaf wurde von protürkischen Milizen getötet. Ihre Mutter fordert die Bestrafung der Täter.

Der Friedhof von Derik liegt einige Kilometer außerhalb des Stadtzentrums der syrischen Grenzstadt zur Türkei – mitten in der Wüstensteppe in der Nähe eines der seltenen Haine zwischen braunen Hügeln. Es ist ein Meer von Gräbern, das am frühen Abend im leuchtenden Rot der untergehenden Sonne besonders eindrucksvoll wirkt. „Mehr als 1000 Gräber“, wie der Friedhofswärter sagt, sind in langen, symmetrischen Reihen angeordnet. Alle sind aus dem immer gleichen, grauen Marmor gefertigt und mit Fotos der Toten bedruckt. Sie zeigen lachende junge Männer und Frauen, die für die kurdische YPG-Miliz im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) gefallen sind.

In jeder Stadt Nordsyriens gibt es diese letzten Ruhestätten für die „Märtyrer“, wie sie genannt werden. Insgesamt starben 11.000 Kämpfer im Krieg gegen die Extremisten. Seit dem Start der türkischen Invasion in Nordsyrien gibt es erneut Tote. Wie in anderen Städten der Region zwischen Euphrat und irakischer Grenze, so musste auch in Derik der Friedhof für die Opfer der Militäroperation der Türkei ausgebaut werden. Die Führung in Ankara will die von ihr als „Terrorbande“ eingestufte YPG zerschlagen und eine Sicherheitszone in Nordsyrien einrichten.

Misshandelt und ermordet

Eine Gruppe von Frauen steht schweigsam an einem der etwa 50 neuen Gräber, die im behelfsmäßig erweiterten Teil des Friedhofs nur mit Ytong-Bausteinen markiert sind. Die Frauen zünden Kerzen an. Das Grab ist liebevoll mit gelbroten Blumen und grünen Blättern aus Plastik dekoriert. Es sind Freundinnen, und darunter ist auch die Mutter von Havrin Khalaf, der jungen kurdischen Politikerin, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. Khalaf war am 12. Oktober eines der ersten Opfer der syrischen Rebellen, die die Türkei als Hilfstruppen bei ihrer Militäroffensive in Nordsyrien einsetzt. Diese Milizen sind überwiegend islamistisch, und viele machen aus ihrer Sympathie für al-Qaida oder den IS kein Hehl.

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