Reportage

"Offenbar war er länger im Visier"

Mehrere Österreicher sind in der Türkei in Haft oder können das Land nicht verlassen. Ihre Angehörigen zählen darauf, dass Behörden und Botschaft noch mehr Druck ausüben.

Der Besitzer des Autos mit folgendem Kennzeichen möge sich bei der Rezeption melden, hallte es durch die Gänge des Krankenhauses. Herr S., der gerade seinen herzkranken Vater in der türkischen Provinz Kayseri besuchte, wurde hellhörig: Es war sein Auto. Doch unten angekommen, wartete nicht die Straßenaufsicht auf ihn, sondern die Polizei. Sie nahmen den österreichischen Staatsbürger fest. „Offenbar“, sagt seine Frau, „war er schon länger im Visier.“

Das Paar S. mit kurdischen Wurzeln lebt gemeinsam mit ihren Kindern in Vorarlberg. Beide waren in einem Verein in Götzis engagiert, der in der Türkei als PKK-nahe eingestuft wird. Nach seiner Festnahme wurde S. die Mitgliedschaft und Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen; in erster Instanz fasste er sechs Jahre und drei Monate aus. Seine Frau sagt, er sei während der Befragungen schwer unter Druck gesetzt worden. „Man hat ihm gesagt, wenn er die Mitgliedschaft nicht akzeptiert, dann wird sein Vater dran sein.“ Als Beweise dienten offenbar Bilder, die ihn im Vereinshaus zeigten. Das Berufungsverfahren – S. befand sich auf freiem Fuß – habe er nicht in der Türkei abwarten wollen. Entgegen aller Ratschläge und wohl als Panikreaktion habe er sich auf den Weg nach Erbil gemacht. Denn S. habe man zwar mit Ausreiseverbot belegt, seinen Pass aber retourniert. „Er wollte zurück nach Hause“, erzählt seine Frau. „Vor der irakischen Grenze haben sie ihn festgenommen.“

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