Junge Forschung

Chemie richtig erklären

Hindernisse beim Verstehen des Unterrichtsfachs Chemie möchte Katharina Groß aus dem Weg räumen.
Hindernisse beim Verstehen des Unterrichtsfachs Chemie möchte Katharina Groß aus dem Weg räumen. (c) Carolina M. Frank (Carolina M. Frank)
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Die Didaktikerin Katharina Groß erforscht, was Lehrende beachten müssen, damit Kinder und Jugendliche Chemie verstehen. Auch die, die keine Naturtalente sind.

Als Zehnjährige hat sich Katharina Groß als Chemikerin gezeichnet. „Das Bild habe ich vor nicht allzu langer Zeit wiedergefunden“, erzählt sie. „Damals sollten wir im Kunstunterricht unseren Berufswunsch darstellen.“ Weit daneben lag Groß mit ihrem Zukunftsszenario nicht. Sie ist seit April 2018 Professorin für Chemiedidaktik an der Universität Wien. Zwar war ihr die frühe Neigung zu dem Fach im Gymnasium vorübergehend abhandengekommen – „dort fand ich Chemie zuerst gar nicht interessant“ –, später kehrte sie jedoch ganz offensichtlich zurück.

Heute erforscht Groß, welche Voraussetzungen es braucht, damit der Chemieunterricht gut gelingt. Oder umgekehrt, warum manche Schülerinnen und Schüler im Chemiesaal nur Bahnhof verstehen. Didaktik ist die Wissenschaft vom fachspezifischen Lernen und Lehren. „Wir befassen uns unter anderem mit den Ursachen von Lernschwierigkeiten bei Chemie und wie man diesen am besten begegnet“, erklärt die 36-Jährige. Das sei gerade angesichts der unterschiedlichen Zusammensetzung von Schulklassen entscheidend für erfolgreiche Lernprozesse.

Warum fällt es manchen schwer?

Neben der optimalen didaktischen Aufbereitung der Inhalte gehe es auch darum, auf aktuelle Herausforderungen wie Mehrsprachigkeit, Inklusion oder die Digitalisierung zu reagieren und geeignete Hilfestellungen für individuelle Probleme zu entwickeln. Etwa beim Schreiben eines Versuchsprotokolls nach einem Experiment. „Die nochmalige Auseinandersetzung damit bei der Dokumentation ist nämlich ausschlaggebend für das Erfassen und das tiefere Verständnis des Stoffs“, sagt Groß. „Darum wollen wir genau wissen, warum das manchen schwerfällt. Und wir überlegen uns, wie wir es ihnen erleichtern.“

Natürlich sind auch die Fähigkeiten und Aufgaben der Lehrenden Teil der Forschung. Diese Seite kennt die gebürtige Deutsche ebenfalls aus eigener Anschauung. Sie hat an der Universität zu Köln das Lehramt für Chemie sowie an der Deutschen Sporthochschule Köln Sport studiert und dachte lange, dass sie diese Fächer einmal an einer Schule unterrichten würde. „Das änderte sich erst, als mich meine Doktormutter nach der Examensarbeit in Chemiedidaktik gefragt hat, ob ich mir vorstellen könne, bei ihr zu dissertieren.“ Nach der Promotion schnupperte sie trotzdem noch ein wenig Praxisluft an einem Gymnasium. „Die zweite Phase der Lehrerausbildung und die praktische Lehrtätigkeit haben mich sehr geprägt, weil sie meinen theoretischen Blick ergänzt haben.“

Je besser die fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Fähigkeiten der Lehrenden seien, desto umfassender sei die naturwissenschaftliche Grundbildung der Schülerinnen und Schüler. „Und damit wächst wiederum deren Kompetenz, an den großen gesellschaftlichen Fragen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit oder der Mikroplastikdebatte teilzuhaben.“

Ein wichtiger Stützpunkt von Groß' Forschung ist das Lehr- und Lernlabor „Elke Austria“ am Institut für Didaktik der Chemie der Uni Wien. Während Schulklassen hier einen Vormittag lang zu ausgewählten Themenfeldern experimentieren können, trainieren und erweitern die daran beteiligten Studierenden ihre chemiedidaktischen Skills. Aktuell forscht Groß' Arbeitsgruppe auch an Lernvideos aus dem Internet. „Wir wollen einen sorgfältigen Umgang mit digitalen Medien im Chemieunterricht fördern und schauen uns darum an, inwieweit jene, die häufig genutzt werden, fachlich und fachdidaktisch angemessen aufgebaut sind.“ So könne man einem verzerrten Wissen der Schülerinnen und Schüler durch Ungenauigkeiten entgegenwirken.

„Meine Begeisterung für das Fach würde ich gerne an alle Heranwachsenden weitergeben“, resümiert sie ihren Werdegang. „Es ist mir ein echtes Anliegen, alle Hindernisse beim Verstehen der Denk- und Arbeitsweisen der Chemie aus dem Weg zu räumen.“ Zum Ausgleich sportelt die Wissenschaftlerin regelmäßig, auch wenn sie mit dem Umzug nach Wien ihren Fußballclub aufgeben musste.

ZUR PERSON

Katharina Groß (36) hat 2013 in Chemiedidaktik promoviert, anschließend schloss sie die schulpraktische Lehrerausbildung ab. Sie war ab 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin und ab 2016 Juniorprofessorin für Naturwissenschaftsdidaktik an der Universität zu Köln. Seit 2018 ist sie Professorin für Chemiedidaktik und Vorständin des Instituts für Didaktik der Chemie an der Uni Wien.

Alle Beiträge unter: diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2019)

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