Kulissengespräche

Wie Ulrike Lunacek letztlich Staatssekretärin wurde

Ulrike Lunacek, fotografiert beim Europäischen Forum in Alpbach
Ulrike Lunacek, fotografiert beim Europäischen Forum in Alpbach(c) Daniel Novotny, Presse
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Grüne Selbstfesselung, türkise Dominanz: Die Besetzung des letzten freien Postens in der Regierung wurde zu einer höchst komplizierten Angelegenheit.

Alle Minister standen am 1. Jänner bereits fest, als Sebastian Kurz und Werner Kogler am Abend zur Verkündigung der Koalitionseinigung schritten – nur das grüne Staatssekretariat war noch unbesetzt. Und diese Geschichte erzählt sowohl etwas über das Innenleben der Grünen als auch etwas über das nunmehrige Innenleben der türkis-grünen Koalition. Es ist eine Geschichte der Selbstfesselung und der Dominanz.

Grundsätzlich hätten die Grünen gern einen Staatssekretär im Finanzministerium gehabt – und diesen Posten mit dem Kogler-Vertrauten und Finanzexperten Josef Meichenitsch, der auch in der Steuerungsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen saß, besetzt. Als Ministerin für Kunst und Kultur, eventuell auch für Frauen, war lange Eva Blimlinger gehandelt worden. Die Agenden Kunst, Kultur und Frauen hatten sich die Grünen bereits ausverhandelt.

Doch die ÖVP wollte den Grünen nur vier Ministerien und ein Staatssekretariat zugestehen. Nachdem die vier Ministerien aufgeteilt waren, das Vizekanzleramt für Werner Kogler, Soziales für Rudolf Anschober, Verkehr für Leonore Gewessler und Justiz für Alma Zadic, blieb für Kunst und Kultur nur noch die Möglichkeit eines Staatssekretariats. Ein eigenes Frauenministerium war somit ebenfalls ausgeschlossen. In den Verhandlungen war zuvor schon die Rede davon gewesen, dass es ohnehin gescheiter wäre, die Frauen-Agenden aus budgetären Gründen an ein anderes Ministerium anzudocken.

Am 1. Jänner kam dann noch einmal Bewegung in die Sache. Die ÖVP nominierte Magnus Brunner als Staatssekretär für das (grüne) Infrastrukturministerium. Bei den Grünen sorgte das für Unruhe. Brunner wurde als „Aufpasser“ in ihrem Ressort wahrgenommen. In der ÖVP heißt es, die Grünen-Führung hätte das gewusst.

Wie auch immer: Nun wurde bei den Grünen überlegt, selbst einen „Aufpasser“ in ein wichtiges Ressort, nämlich in das ÖVP-geführte der Finanzen, zu setzen. Doch da stand man wiederum vor der Krux der eigenen Vorgaben zur Geschlechterpariatät – es dürfen nicht mehr Männer als Frauen in der Regierung sein. Bei den Ministern stand es 2:2. Für das Finanzstaatssekretariat musste also eine Frau gefunden werden.

Oder aber: Die Grünen bekommen von der ÖVP noch ein zusätzliches Ministerium, nämlich für Kunst und Kultur, eventuell auch für Frauen, – und besetzen es mit einer Frau. Dann wäre wiederum der Weg für Meichenitsch als Finanzstaatssekretär frei gewesen.

Doch die ÖVP blieb hart. An der Formel „Vier plus eins“ sei nicht zu rütteln. Die „Salzburger Nachrichten“ brachten dann im Laufe des 1. Jänner Ulrike Lunacek als Staatssekretärin ins Spiel. Bei den Grünen wollte man das (noch) nicht bestätigen: Alles sei noch im Fluss, keine Entscheidung gefallen.

Diese fiel dann am Donnerstag: Ulrike Lunacek wird Staatssekretärin für Kunst und Kultur im Vizekanzleramt von Werner Kogler. Und die Frauenagenden wandern zur ÖVP.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2020)

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