Studie

Erholsam muss es sein, nachhaltig darf es sein

Ohne Strand geht’s dann doch nicht: Laut Studie ist Urlaub am Meer nach wie vor die beliebteste Urlaubsform im Haupturlaub.
Ohne Strand geht’s dann doch nicht: Laut Studie ist Urlaub am Meer nach wie vor die beliebteste Urlaubsform im Haupturlaub.Jumbo
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Der jährliche Ruefa „Reisekompass“ stellt Reisefreudigkeit auf Rekordniveau fest. Die Urlauber zeigen sich dennoch preissensibel, recht tolerant gegenüber Overtourism und halbwegs umweltbewusst. Gebucht wird früh.

Wien. Wenn die Prognosen des Ruefa „Reisekompass“ vollinhaltlich zutreffen, werden heuer 90 Prozent der Österreicher verreisen. Vielleicht nicht gleich drei und mehr Wochen in Summe (obwohl die Anzahl im Segment der Vielreisenden weiter steigt), aber doch eine bis zwei. Im Schnitt sind es jedenfalls 18 Tage, die die Österreicher gern auf Ziele wie die USA und Thailand, Italien und Kroatien, Amsterdam und Berlin, die Steiermark und das Salzburgerland aufteilen. Wie jedes Jahr stellt Ruefa mit der Präsentation seiner repräsentativen Studie den Auftakt zur Ferien-Messe Wien dar – während, fast wie zum Beweis, zeitgleich ein erster Publikumsansturm auf die Messehallen A (international) und B (Österreich-Schwerpunkt) erfolgt.

Inseltraum ohne Limit

Wohin würden wir Österreicher – oder zumindest die 1500 von Marketagent in Online-Interviews Befragten – fahren, wenn wir könnten, völlig losgelöst von zeitlichen und finanziellen Limits? Da führen die Malediven das Ranking an, gefolgt von den USA, Australien, der Weltreise und Neuseeland. Tatsächlich gibt es Schnittmengen mit der Realität, so liegen bei Ruefa die Malediven in Sachen Umsatz Winter 2019/20 an der Spitze. Was die Ausgaben anbelangt, zeigen sich die Österreicher ziemlich preissensibel: Zwar liegt das durchschnittliche Urlaubsbudget pro Person bei 1620 Euro, aber in einigen Fällen ist der Preis und nicht die Destination urlaubsentscheidend. Das gilt, laut Studie, speziell für Kreuzfahrten, wo Fragen nach der Route der Finanzierbarkeit untergeordnet werden. Dennoch: Wenn's aufs Schiff gehen soll, dann wollen die meisten in die Karibik und ins Mittelmeer. Wobei ein Interesse an Expeditionskreuzfahrten auf kleinen Schiffen sowie Flusskreuzfahrten steigt.

Erholung als Hauptmotiv

Überhaupt das warme Wasser: Badeurlaub hält sich als Motiv allen Trends entgegen. Freilich – man will schon etwas erleben und einen gewissen Erkenntnisgewinn. Auch Aktivitäten (etwa Wandern) soll sein, aber das Bedürfnis nach Erholung steht über allem. Womöglich, auch das wurde abgefragt, ohne Technologie, sprich im Sinn des „Digital Detox“ und „Slow Travel“: „Urlaub wird den Österreichern immer wichtiger. Eine Auszeit vom Job und dem Alltag und die Welt entdecken, all das möchte kaum jemand missen“, erklärt Helga Freund, Geschäftsführerin von Ruefa und Vorständin Verkehrsbüro Group.

Im Zug durch halb Europa

Solche Ergebnisse liegen auf der Hand. Weniger deckungsgleich verhalten sich Österreicher allerdings, wenn es um Fragen der Nachhaltigkeit geht. „Die aktuellen Umweltschutzdebatten haben noch keinen spürbaren Einfluss auf die Urlaubswahl“, resümiert Stefan Gensasz, Market Research-Experte bei Marketagent: Die Wichtigkeit umweltfreundlichen Urlaubs bestätigen immerhin 45 Prozent, sie sehen die Vermeidung von Müll, den achtsamen Umgang mit dem Land und seinen Bewohnern und den Schutz heimischer Pflanzen und Tiere als notwendig an. Auch in Sachen Anreise gibt es mittlerweile ein größeres Bekenntnis zum Bahnfahren – allerdings nur innerhalb von Europa beziehungsweise im näheren Ausland. Sprich: Durchaus frequentiert sind die Strecken nach Prag, Zürich oder München, man kann sich auch London oder Warschau mit der Bahn vorstellen, weil es der Nachhaltigkeit entspricht, Sicherheit und Gemütlichkeit vermittelt. Für den Sommerurlaub außerhalb von Europa würden die Befragten aber auf jeden Fall in das Flugzeug steigen. Nachdem Flugscham in Österreich offensichtlich kein Thema sei, konstatiert Freund, können sich viele Befragte mit der Idee von Flug-Abos anfreunden: Man zahlt dann eine monatliche Pauschalgebühr statt einem Einzelticket. Und wenn es darum geht, etwa C02-Steuer oder mehr für nachhaltige Angebote zu bezahlen, ist die Begeisterung für das Umweltthema dann doch nicht so groß.

Auch scheinen – Stichwort Overtourism – die repräsentativ Befragten durchaus immun gegenüber überfüllte Plätze, lange Wartezeiten und der Absenz von Einheimischen zu sein: Vor allem Jüngere dürften weniger Probleme mit Touristenmassen haben. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass es kein Bedürfnis nach der Entdeckung versteckter Orte gibt. Im Gegenteil: 61 Prozent der Befragten wollen auf Reisen fremde Kulturen kennenlernen und ihren Horizont erweitern. Und jeder Zweite legt auf Authentizität vor Ort großen Wert. Und man könnte, rät Ruefa, die stark frequentierten Touristenmetropolen unter der Woche statt am Wochenende, in der Vor- statt der Hauptsaison besuchen – und sich für Nebenschauplätze interessieren, zumal es in bekannten Städten noch immer Geheimtipps und alternative Sehenswürdigkeiten gebe. [mad] 

REISE-IDEEN HOLEN

Ferien-Messe Wien: Bis am Sonntag (19. 1.) noch präsentieren sich in den Hallen A und B Touristboards (von den Azoren bis Tunesien), Länder und Regionen (wie Friaul-Julisch Venetien oder das Salzburgerland). Dazu große und kleine Reiseunternehmen, Airlines, Reedereien, Verkehrsanbieter, Botschaften, Hotelgruppen, Outdoor-Experten etc. Insgesamt an die 800 Aussteller aus 80 Ländern. www.ferien-messe.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2020)

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