Gastkommentar

Ehescheidung: Schlussstrich statt Schmutzwäsche

Symbolbild.
Symbolbild.(c) imago/Panthermedia (AntonioGuillem)
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Die türkis-grüne Koalition will das geltende Verschuldensprinzip bei der Scheidung hinterfragen. Tatsächlich bedarf das undurchschaubar gewordene Unterhaltsrecht dringend eines Systemswechsels. Ein Gastkommentar.

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Linz. Die Koalition hat sich vorgenommen, das Verschuldensprinzip bei der Scheidung zu überprüfen und „eine grundlegende Vereinfachung der materiell-rechtlichen Unterhaltsbemessung“ anzugehen. Beides ist in höchstem Maß zu begrüßen, um das österreichische Eherecht an einen zeitgemäßen Standard heranzuführen und zugleich die Rechtslage transparent und einfacher zu gestalten. Das geltende Recht des Ehegattenunterhalts hat nämlich ein Ausmaß an Komplexität erlangt, das selbst für Fachleute kaum noch zu durchschauen ist.

Während aufrechter Ehe sind die Ehegatten grundsätzlich verpflichtet, „nach ihren Kräften“ und gemäß „der Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse zur Deckung ihres angemessenen Lebensaufwands gemeinsam beizutragen“. Daraus soll sich nach der Rechtsprechung ergeben, dass dem einkommenslosen und haushaltsführenden Ehegatten 33 Prozent der Nettoeinkünfte des Unterhaltsverpflichteten zustehen. Weitere Unterhaltspflichten – z. B. gegenüber Kindern – führen zu einem prozentuellen Abzug. Ist ein Ehegatte – meist die Frau – nicht erwerbstätig, kann er vom Partner Unterhalt begehren, wenn er den gemeinsamen Haushalt führt. Sind beide erwerbstätig, leiten die Gerichte aus diesen unbestimmten Gesetzesbegriffen ab, dass dem schlechter verdienenden Gatten ein Unterhaltsergänzungsanspruch in der Höhe von 40 Prozent des Haushaltseinkommens abzüglich eines Eigeneinkommens zusteht. Der Umstand aber, dass einem Ehegatten, der erwerbstätig ist und den Haushalt führt, wegen der Mehrbelastung ein höherer Anteil an den gemeinsamen Einkünften zustehen sollte, bleibt nach der Judikatur ebenso unberücksichtigt wie der Unwillen oder die Unfähigkeit eines nicht erwerbstätigen und einkommenslosen Ehegatten, den Haushalt entsprechend zu führen.

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