Eine Ortstafel-Schwalbe?

Valentin Inzko ist Vorsitzender des Rats der Kärntner Slowenen. Glückauf bei der neuen Aufgabe!

Letzte Woche wurde Dr. Valentin Inzko, Chefdiplomat der Staatengemeinschaft in Bosnien-Herzegowina und österreichischer Spitzendiplomat, zum Vorsitzenden des Rats der Kärntner Slowenen gewählt. Der Rat hatte als einzige Slowenen-Organisation 2006 den Verfassungsentwurf von Bundeskanzler Schüssel zur Beendigung des Ortstafelstreits abgelehnt und gemeinsam mit der wahlkämpfend kurzsichtigen Bundes-SPÖ eine Lösung torpediert. Der Rat ist die Organisation der christlichen Slowenen, initiativ, maximalistisch und bisher unversöhnlich.

Inzko ist waschechter Kärntner Slowene und ebenso waschechter österreichischer Patriot. Als unser Botschafter in Slowenien musste er die österreichische Rechtsposition vertreten und durchsetzen: Das neue Slowenien hat kein Recht darauf, als Nachfolger des untergegangenen Jugoslawien die Rechte aus dem österreichischen Staatsvertrag gegen Österreich geltend zu machen. Keine Schutzmacht-Rolle für Slowenien! Er agierte mutig und loyal.

Patriot und Chef des widerborstigen Rats: Schon werden Erwartungen in ihn gesetzt, die er allein ganz einfach nicht erfüllen kann. Damit Inzko nicht eine einsame Schwalbe bleibt, die im Ortstafelstreit noch lange keinen Sommer macht, fehlt nämlich noch vieles: in seiner Organisation, bei manchen Kärntner Parteien, beim Bundeskanzler.

Seine erste Aufgabe ist es, in seine Organisation hineinzuwirken. Wird es ihm gelingen, die Streithähne von ihren Maximalwünschen zum Machbaren hinzubewegen? Das sollte ihm so schwer nicht fallen. Die Zeit ist über den Ortstafelstreit hinweggegangen. Die Minderheit hat ihre Kindergärten und Schulen, ihr Gymnasium, ihre kulturellen Einrichtungen, die Doppelsprachigkeit in ihren Gemeinden, ist politisch ungehindert aktiv, das Klima zwischen den Volksgruppen verbessert sich stetig. Immer mehr Eltern entscheiden sich für die zweisprachigen Kindergärten und Schulen, immer mehr Kärntner arbeiten in Slowenien. Zu Recht hat Inzko in seiner ersten Erklärung dem Zusammenleben Priorität eingeräumt.

Auf der politischen Ebene ist ein Konsens mit den Parteien in Kärnten nötig: Der neue Landeshauptmann scheint gesprächsbereit, Inzko bescheinigt ihm Handschlagqualität. SPÖ und ÖVP stehen wohl nach wie vor zu den Vorschlägen der Konsensgruppe, auf die auch Schüssel aufgebaut hat. Ohne Bundeskanzler geht aber rein gar nichts. Er könnte die schon lange beschlussfertige Verbesserung der Volksgruppengesetzgebung aus der Schublade holen, das Eisen schmieden. Glückauf, Valentin: ich hoffe, du findest Partner, die dich nicht nur loben, sondern auch selbst bei der Lösung mit anpacken!

Univ.-Prof. Andreas Khol war Nationalratspräsident.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2010)

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