Nach G-20-Gipfel: "Keim für die nächste Krise ist gelegt"

CANADA G8 G20 SUMMIT PROTESTS
CANADA G8 G20 SUMMIT PROTESTS(c) EPA (Sergei Ilnitsky)
  • Drucken

Enttäuschung unter Ökonomen über die Ergebnisse des G-20-Gipfels. Globale Regulierungsmaßnahmen seien verhindert und verzögert worden. "Jetzt hofft jeder auf den Gipfel im November", sagt ifo-Chef Sinn.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat sich enttäuscht über die G-20-Beschlüsse zur Finanzmarktreform geäußert. "Wir hatten natürlich gehofft, dass es zu einer Regulierung der Banken kommt, die ihnen mehr Eigenkapital abverlangt, damit ein größerer Puffer in Krisenzeiten da ist und im Vornherein nicht so stark gezockt wird", sagte Sinn Montag früh im Deutschlandfunk. "Aber das ist nicht gekommen. Jetzt hofft jeder auf den Gipfel in Seoul im November."

Die Lobby der Finanzwirtschaft habe sich durchgesetzt, meinte auch Gustav Horn, Direktor des deutschen gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Globale Regulierungsmaßnahmen seien verhindert und verzögert worden, sagte er "Handelsblatt Online". "Damit ist der Keim für die nächste Krise gelegt." Zudem seien die Ziele für den Schuldenabbau "rein theoretischer Natur". Sie könnten nur realisiert werden, wenn die Konjunktur gut laufe. "Wenn nun auch ,wie Präsident Obama es richtig formuliert, alle zugleich dem Ausgang aus der Konjunkturstimulanz zustreben ,wird es zur Kollision kommen und die Weltwirtschaft wird einen konjunkturellen Rückfall erleiden."

Davor warnt auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Ihm sei es wichtig, dass die Staaten die richtigen Maßnahmen für die Rückführung der Defizite anwendeten, sagte Strauss-Kahn. Dabei sei es von Bedeutung, dass sich die Staaten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten um eine Zügelung ihrer ausufernden Schulden bemühten. "Es könnte eine Katastrophe sein, wenn all diese Länder Verschärfungen vornähmen, es könnte die Erholung total zerstören."

G-20-Einigung nur bei Schuldenabbau

Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer hatten sich auf dem Gipfeltreffen in Toronto auf konkrete Ziele zum Schuldenabbau verständigt, ohne jedoch die Wege dorthin vorzugeben. Die großen Industrieländer sollen ihre Haushaltsdefizite bis 2013 mindestens halbieren. Bis 2016 sollen sie ihre Schuldenquoten stabilisieren oder reduzieren.

In anderen strittigen Punkten konnten sich die G-20-Länder keine gemeinsame Haltung einnehmen. So gab es keine Verständigung auf eine Bankenabgabe oder Finanztransaktionssteuer. Die neuen Richtlinien für verschärfte Kapitalregeln für Banken (Basel III) sollen nun erst ab 2012 eingeführt werden. Ursprünglich war geplant, dass alle Regeln bis spätestens Ende 2012 bereits umgesetzt sein sollten.

USA wollen nicht länger Motor für Weltkonjunktur sein

Indes kam eine klare Warnung von US-Präsident Barack Obama zum Abschluss des G-20-Gipfels: Die USA sind nicht länger bereit, durch ihre hohen Importe als Motor für die Weltkonjunktur zu dienen. Die Amerikaner "können und wollen nicht länger den Weg der Welt zum Wohlstand bezahlen", sagte er am Sonntagabend in Toronto.

"Keine Nation kann ihren Weg über Exporte nach Amerika gehen." Zugleich kündigte er im Gegenzug eine Exportinitiative der USA an. Zu den Ergebnissen des Gipfels äußerte er sich zufrieden. Erneut betonte er die Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.