Reaktorabschaltung

Atomkraftwerk Fessenheim wird stillgelegt

Befürworter des AKWs kritisieren das Abschalten als "historischen Fehler", wie hier auf einem Transparent zu lesen ist.
Befürworter des AKWs kritisieren das Abschalten als "historischen Fehler", wie hier auf einem Transparent zu lesen ist. APA/AFP/SEBASTIEN BOZON
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Nach 43 Jahren steht das älteste französische Atomkraftwerk in Fessenheim an der deutschen Grenze vor dem Aus. Seit Freitagabend wird der erste der beiden Reaktoren heruntergefahren.

Seit Freitagabend wird das Atomkraftwerk Fessenheim in Frankreich sukzessive abgeschaltet. Der erste der beiden Reaktoren am Oberrhein im Elsass werde bereits heruntergefahren, wie der Betreiber Electricité de France (EDF) am Freitagabend mitteilte. Er solle im Laufe der Nacht vom Netz gehen. Die Abschaltung des 900-Megawatt-Druckwasserreaktors werde nun schrittweise verlangsamt und solle in der Nacht zum Samstag vollständig vom Netz gehen. Block zwei wird nach Angaben der französischen Regierung dann am 30. Juni endgültig abgeschaltet. 

„Jetzt ist es endlich soweit“, freute sich die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) in Berlin. Auch der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) äußerte sich erleichtert: „Endlich folgen den jahrelangen Ankündigungen der französischen Regierung Taten“, betonte dieser in Stuttgart. Allerdings bestehe weiter ein enormes Risiko, solange der zweite Block noch in Betrieb sei, wie Untersteller betonte: „Es ist Fakt, dass Fessenheim den Sicherheitsanforderungen an ein modernes Kraftwerk nicht genügt. Das haben wir uns schon vor Jahren gutachterlich bestätigen lassen.“ Die Sicherheitsreserven seien deutlich geringer als bei den letzten sechs Kernkraftwerken, die in Deutschland noch in Betrieb sind.

Pannen häuften sich

Fessenheim liegt - für ein Atomkraftwerk denkbar ungünstig - in einem Erdbebengebiet. Das Kraftwerk ist gegen Flugzeugabstürze oder Terroranschläge ebenfalls unzureichend geschützt. Zudem kam es im 43-jährigen Betrieb immer wieder zu Pannen. Im Atomkraftwerk sind derzeit noch 850 Menschen beschäftigt, zusammen mit Zulieferern fallen nach Angaben der elsässischen Gemeinde 1500 bis 2000 Arbeitsplätze künftig weg.

Frankreich beugt sich mit der Abschaltung nun dem jahrelangen Druck aus Deutschland und der Schweiz. Ursprünglich hatte die französische Regierung das Aus für das AKW bereits für Ende 2016 versprochen. Präsident Emmanuel Macron setzt den Plan nun um. Deutschland und Frankreich haben vereinbart, in der Region Fessenheim in weiterer Folge einen Technologiepark zu errichten. Dafür sind Startgelder in Höhe von rund einer Million Euro vorgesehen.

„Historischer Schritt“

Frankreichs Energieministerin Elisabeth Borne nannte die Abschaltung einen „historischen Schritt“: Erstmals wird einer der bisher 58 Reaktoren des Landes endgültig vom Netz genommen. Nach der endgültigen Abschaltung am 30. Juni beginnt der Rückbau des Kraftwerks. Die Brennelemente sollen bis 2023 entfernt werden, der Meiler 2025. Bis das Atomkraftwerk gänzlich stillgelegt ist könnte es aber noch bis 2040 dauern.

Kritiker werfen der deutschen Bundesregierung aktuell vor, in Deutschland Atomkraftwerke abzuschalten und zugleich Atomstrom aus Frankreich zu importieren. In Deutschland sind noch sechs Atomkraftwerke am Netz: Grohnde und Emsland in Niedersachsen, Brokdorf in Schleswig-Holstein, Isar 2 und Grundremmingen in Bayern sowie Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Gemäß Atomgesetz werden die drei letzten Reaktoren spätestens Ende 2022 abgeschaltet.

Frankreich plant lediglich einen Teilausstieg: Bis 2035 sollen 14 Reaktoren abgeschaltet werden. Nach der Abschaltung des Kraftwerks in Fessenheim zählt das Land dann noch 56 Reaktoren, die rund 70 Prozent des Stroms liefern. Das ist mit Abstand der höchste Anteil weltweit, bis 2035 soll er auf 50 Prozent sinken.

(APA)

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