Schiedsrichter: Ein Tor, kein Tor, kein Kommentar

Schiedsrichter kein kein Kommentar
Schiedsrichter kein kein Kommentar(c) AP (Luca Bruno)
  • Drucken

Der Internationale Fußballverband sperrt sich trotz der offensichtlichen Fehler der WM-Schiedsrichter gegen Videobeweis, Chipball und Co. Eine Diskussion werde es derzeit nicht geben, so Maingot.

Johannesburg (mal).„Es ist wie an allen Tagen, wir kommentieren die Entscheidungen der Schiedsrichter nicht“, sagte Fifa-Mediendirektor Nicolas Maingot am Montag in Johannesburg. Während in den Medien und bei den Fans die Wogen hochgehen, hüllt sich der Internationale Fußballverband, was die Fehlentscheidungen der Schiedsrichter in den beiden Achtelfinalspielen vom Sonntag angeht, in Schweigen.

Zur Erinnerung: Referee Jorge Larrionda (Uruguay) hatte am Sonntag ein klares Tor der Engländer zum 2:2-Ausgleich gegen Deutschland nicht anerkannt. Obwohl der Ball in vollem Umfang und mehrere Zentimeter die Torlinie überschritten hatte. Deutschland siegte nach 90 Minuten 4:1 und trifft im Viertelfinale am Samstag auf Argentinien (3:1 gegen Mexiko).

Auch der Truppe von Trainer Diego Maradona erleichterte der Schiedsrichter den Weg ins Viertelfinale. Roberto Rosetti, jener italienische Referee, der 2008 in Wien das EM-Finale Spanien – Deutschland geleitet hatte, erklärte das 1:0 Argentiniens gegen Mexiko für gültig, obwohl Carlos Tevez deutlich im Abseits gestanden war. Diese Szene war im Stadion auf der Videoleinwand in Zeitlupe zu sehen. „Da ist ein Fehler passiert. Wir wollen sicherstellen, dass dies nicht mehr passiert“, sagte Maingot.

Die Fifa verbietet die Wiederholung von strittigen Szenen auf den Stadionleinwänden ebenso wie sie sich gegen technische Hilfsmittel sperrt. Modernisierung ist die Sache des Fußballverbandes in Zeiten von Facebook, Twitter und Co. nicht. Eine Diskussion über Videobeweis oder den Chipball werde es derzeit nicht geben, so Maingot. „Solche Pläne sind mir zur Zeit nicht bekannt.“

Diskutiert wird über die technischen Verbesserungsmöglichkeiten seit Jahren. Vor allem aber der Standpunkt in Sachen Videobeweis hat sich bei Fifa-Präsident Blatter seit ziemlich genau acht Jahren nicht geändert. „Ich bin gegen Videobeweise. Was beweisen sie denn? Oft ist der Standort, die Perspektive entscheidend. Man kann das Spiel nicht noch mehr in die Länge ziehen. Fußball wird von Menschen geleitet und Menschen sind nicht unfehlbar. Das wird immer so bleiben“, sagte Blatter am 24. Juni 2002. Der Fußball verliere seine Faszination, wenn er „wissenschaftlich“ werde. Einen Tag nach dem umstrittenen Entscheidungen von Sonntag ging Blatter gleich ganz auf Tauchstation und äußerte sich überhaupt nicht zur Causa prima.

Dabei hatte der Schweizer schon im Mai 2005 den Chipball für die WM 2006 in Deutschland als „hundertprozentig sicher“ angekündigt. Zum Einsatz ist dieses System, bei dem der Computerchip im Inneren des Balles beim Überqueren der Torlinie ein Signal auslöst, bislang allerdings nie gekommen.

Technik ist ausgeschlossen

Der Chipball wurde 2006 dann von der Diskussion um die Torkameras bzw. des Videobeweises abgelöst. „2007 wird es möglich sein, das System einzusetzen“, sagte Blatter 2006. Nach zwei Jahren und einigen Tests mit dem im Tennis erprobten „Hawk Eye“ kam 2008 die neuerliche Kehrtwende. Die Fifa schob allen technischen Hilfsmitteln einen Riegel vor. Von Blatter waren wieder Äußerungen wie „Der Videobeweis würde dem Fußball nehmen, was ihn ausmacht“ zu hören. Das endgültige Aus für Chip und Kamera kam am 6. März 2010. Das International Football Association Board (IFAB) der FIFA entscheidet, „der Technik die Tür endgültig zu verschließen“, sagt Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke.

AUF EINEN BLICK

Die Fifa äußerte sich am Montag nicht zu den Fehlentscheidungen der Schiedsrichter in den WM-Achtelfinalspielen am Sonntag. England wurde gegen Deutschland ein regulärer Treffer aberkannt, Argentinien hingegen ein irregulärer zugesprochen. Die Fifa weigert sich aber weiterhin, technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel den Videobeweis, zuzulassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Jose-Maria Garcia-Aranda
Fußball-WM

Schiedsrichter-Boss: "WM-Leistungen exzellent"

Jose Maria Garcia Aranda, der Referee-Obmann der Fifa, zeigte sich am Dienstag mit den Leistungen der Unparteiischen in Südafrika zufrieden: "Es gab nur vier, fünf Fehlentscheidungen in 54 Partien",
Joseph Blatter
Fußball-WM

Nach Schiedsrichter-Blackouts: Blatter lenkt ein

Der Fifa-Boss hat die Einführung technischer Hilfsmittel nicht mehr ausgeschlossen: "Es wäre unsinnig, sich darüber keine Gedanken zu machen." Der Schweizer entschuldigte sich auch für die Fehlentscheidungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.