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Anschober: Österreich muss bei Medika­menten­versorgung selbstständig werden

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Der Gesundheitsminister räumte Fehler im Umgang mit dem Coronavirus ein. Er stellt eine „breite, schonungslose, transparente Evaluierung“ nach der Krise in Aussicht.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat in der Nationalratsdebatte am Freitag Fehler im Umgang mit dem Coronavirus in Österreich zugegeben. Er stellte eine "breite, schonungslose, transparente Evaluierung nach dieser Krise" in Aussicht und meinte: "Ich bin der Erste, der hier dabei ist."

Bei Medikamentenversorgung und Schutzkleidung müsse Österreich etwa selbstständig werden, sagte er. Eine wesentliche Konsequenz aus der aktuellen Krise müsse sein, dass Österreich die Versorgung im Gesundheitsbereich zentral steuern und lenken kann, meinte Anschober. "Selbstverständlich machen wir Fehler", räumte er ein, aber: "In dieser Stunde brauchts Zusammenhalt."

Warnung vor zu viel Optimismus

"Wirklich dankbar" zeigte er sich bereits für die Einigkeit im Kampf gegen die Pandemie in Österreich. Sowohl in der Bevölkerung, als auch bei den Parteien. Anschober präsentierte den Abgeordneten auch einen Lichtblick in der Krise. Laut jüngsten Zahlen ist der tägliche Zuwachs bei den registrierten Infektionen auf unter 20 Prozent gesunken. Bis Ostern müsse man nun in den einstelligen Bereich kommen. Der Gesundheitsminister warnte aber vor zu viel Optimismus und vor allem Nachlässigkeit. Die Zahlen sollten nicht dazu verführen zu sagen, "jetzt sind wir auf dem richtigen Weg und das wars jetzt".

Zuvor hatte sich auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bei jenen bedankt, die in der Krise "unsichtbar" im Hintergrund mitarbeiten würden, vor allem bei den Lehrlingen. "Die österreichische Wirtschaft leidet", sagte sie, verwies aber auf die rund 38 Milliarden Euro an Hilfen durch den Staat - "weil wir wissen, dass es ernst ist". Auch Schramböck wiederholte die Willensbekundung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die Wirtschaft zu stützen, "koste es was es wolle".

Die Opposition wird wohl das zweite große türkis-grüne Coronavirus-Maßnahmenpaket im Nationalrat mittragen. Begeistert äußerten sich die Klubchefs bei der dazu gehörigen Debatte Freitagnachmittag freilich nicht. Laut wurden bei SPÖ und FPÖ etwa Rufe nach einer Arbeitsplatz-Garantie.

Die rote Fraktionsvorsitzende Pamela Rendi-Wagner war hier in seltener Eintracht mit dem blauen Klubobmann Herbert Kickl zu hören. Mehr als 80.000 Arbeitslose zusätzlich machten einen Angst und Bange, meinte Kickl. Rendi-Wagner rechnete vor, dass innerhalb von nur drei Tagen zwei Prozent aller arbeitenden Menschen in Österreich unverschuldet vor einer ungewissen Zukunft stünden.

Kickl kritisiert inaktive EU

Rendi-Wagner argumentierte, dass die größte Gesundheitskrise nicht auch noch zur größten Sozialkrise seit dem Zweiten Weltkrieg werden dürfe. Man müsse verhindern, dass der soziale Friede zu etwas werde, "woran wir uns nur noch vage erinnern".

Für Kickl wird die Welt nach der Krise eine neue Normalität haben, in der vieles anders gesehen werde - etwa die EU. Diese habe bei der Finanzkrise alle Schleusen für die Finanzwirtschaft aufgemacht. Jetzt bei einer Gesundheits- und realwirtschaftlichen Krise herrsche eine Mischung aus Abwesenheit, Trägheit und Hilflosigkeit. Kritisch sieht der Freiheitliche auch die Globalisierung und hinterfragen werde man wohl auch das Kaputtsparen in Spitälern und im Sicherheitsbereich müssen, das von früheren Regierungen verantwortet werde.

„Darf sich nicht daran gewöhnen“ 

Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bezeichnete es als Selbstverständlichkeit, dass ihre Partei im Sinne des wichtigen nationalen Schulterschlusses dem Gesetzespaket zustimmen werde. Auszusetzen hatte sie inhaltlich freilich einiges: Wieder vorgebracht wurde von ihr beispielsweise Kritik, dass die Mittel aus dem Härtefonds über die Wirtschaftskammer abgewickelt werden, umso mehr als diese überhaupt erst zu den Daten kommen müsse und sich um Berufsgruppen zu kümmern habe, mit denen sie bisher nichts zu tun gehabt hätte. Die Grüne Elisabeth Götze verteidigte diese Entscheidung damit, dass die Finanz ohnehin mit dem Thema Stundungen genug belastet sei und über die Kammern eine rasche unbürokratische Handhabung möglich sei.

Für Meinl-Reisinger wichtig ist, dass die Maßnahmen, die heute beschlossen werden und der Regierung viel Macht in die Hand geben, ein Ablaufdatum haben: "Man darf sich nicht daran gewöhnen, dass man seine Freiheitsrechte abgibt." Die Sonderrechte dürften nur für die Zeit der Krise gelten "und keinen Tag länger", meinte auch Rendi-Wagner.

(APA)

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