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Covid-19: Der letzte Fall des Franz Lang

Franz Lang.
Franz Lang.APA/HANS PUNZ
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Der Kriminalist managet seit Jahrzehnten die großen Krisen des Landes. Nun hat er seinen letzten großen Auftritt.

Franz Lang hat drei Jobs, die für zehn Personen reichen würden. Der 61-jährige Kriminalist ist Chef des Bundeskriminalamts. Geschäftsführender Direktor für öffentliche Sicherheit im Innenministerium. Und nun auch noch Leiter des Coronakrisenstabs, in dem er neben 30.000 Polizisten in ganz Österreich auch noch Politiker, Entscheidungsträger, Notfallorganisationen und Experten koordinieren muss.

Eigentlich wollte sich Lang langsam auf den Weg in die Pension verabschieden, seiner Leidenschaft, dem Sport in den Bergen, frönen. Ab und zu zum Paragleiten gehen. Sich den vielen verschiedenen Instrumenten widmen, die er beherrscht. Und im Winter nichts wie ab auf die Piste. Zu wenig Zeit hat der gelernte Gendarm und Skilehrer die vergangenen Jahre für seine Hobbys gehabt.

Das alles muss nun doch wieder warten – Covid-19 ist Langs letzter großer Fall, die letzte große Krise, die er zu bewältigen hat. Dass er krisenresistent ist, beweist der vom FBI geschulte Kriminalist seit Jahrzehnten. Sein erster großer Einsatz war die Katastrophe im Tauerntunnel 1999. Ein Auffahrunfall löste damals einen riesigen Brand mit zwölf Toten aus. Der gebürtige Pongauer managte die Situation damals als Stellvertreter des Landeskriminalamts Salzburg mit. Breite Bekanntheit erlangte er dann ein Jahr später beim verheerenden Brand der Kapruner Seilbahn, bei dem 155 Menschen starben. Lang fiel durch seine ruhige Art auf und dass er auch in dieser schwierigen Situation in der Lage war, die Einsatzkräfte richtig zu motivieren und psychologisch gut zu unterstützen. Er wurde nicht nur zum Liebling der heimischen Presse, sondern auch international anerkannt, seine exzellenten Englischkenntnisse und Redegewandtheit beeindruckten.

Von Salzburg nach Wien. ÖVP-Innenminister Ernst Strasser bestellte Lang dann 2003 nach Wien, um dort das Großprojekt der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie zu verantworten. 2005 wurde er zum stellvertretenden Direktor für öffentliche Sicherheit ernannt, wo er unterschiedliche Projekte im Innenministerium betreute. Und 2008 wurde Lang dann zum Leiter des Bundeskriminalamts ernannt – aber auch Ex-ÖVP-Innenministerin Maria Fekter beharrte auf seinen Diensten und macht ihn am selben Tag zu ihrem Kabinettschef.

Die Arbeit im Bundeskriminalamt musste also noch einige Monate auf ihn warten. Dort verschrieb er sich später vor allem dem Aufbau der internationalen Zusammenarbeit. Er baute über die Jahre gute Kontakte zu Deutschland und den Westbalkanstaaten auf. „Es ist die Mischung aus schlitzohrigem Skilehrer und internationaler Krisenerfahrung, die ihn so authentisch macht, warum ihn jeder kennt und warum ihn jeder mag“, sagt ein Kollege aus dem Bundeskriminalamt über ihn. Dazu habe Lang Handschlagqualität – das wüssten alle, die jemals mit ihm gearbeitet haben.

Diese Qualitäten halfen Lang auch im Jahr 2015, als Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ihn zu Hilfe rief, um die Flüchtlingskrise zu managen. Lang koordinierte die Einsatzkräfte im Land ebenso wie die Abstimmung mit den Polizeibehörden auf dem Westbalkan.

„Lang hat als kleiner Polizist angefangen, kennt die Probleme ganz unten – aber auch ganz oben. Dass er es jetzt zum obersten Polizisten geschafft hat, ist mehr als verdient“, befindet ein langjähriger Wegbegleiter.


Viel Lob, wenig Kritik. Überhaupt sind Menschen, die unter unter ihm gearbeitet haben, voll des Lobes. Eigenheiten wie Sturheit, die er ab und zu an den Tag legen soll – oder überbordenden Feuereifer für die ein oder andere Sache verzeihe man ihm gern, heißt es. „Weil er im Fall der Fälle immer da ist.“ „Sich vor seine Mannschaft stellt.“ „Und diese bei Erfolgen glänzen lässt, bevor er sich selbst ins Rampenlicht stellt.“

Und so bat der bescheidene Lang auch bei den Recherchen zu diesem Porträt darum, dass er lieber nicht über sich selbst referieren wolle. Die Beurteilung seiner Performance obliege anderen.

Steckbrief

Franz Lang,
gebürtiger Salzburger, begann seine Karriere auf einem Gendarmerieposten einer kleinen Salzburger Gemeinde. Heute ist er der wichtigste Polizist des Landes.

Die größten Fälle
waren der Brand der Kapruner Bergseilbahn sowie die Flüchtlingskrise 2015.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2020)

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