Mein Fenster zur Welt

Endlich ist der Wahnsinn unterbrochen

Leïla Slimani. Jahrgang 1981, gehört zu den bekanntesten Schriftstellerinnen Frankreichs. Auf Deutsch erschien zuletzt ihr Roman „All das zu verlieren“.
Leïla Slimani. Jahrgang 1981, gehört zu den bekanntesten Schriftstellerinnen Frankreichs. Auf Deutsch erschien zuletzt ihr Roman „All das zu verlieren“.LIONEL BONAVENTURE / AFP / picturedesk
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Schriftsteller erleben die Coronakrise. Es kommt mir vor, als würden wir in einem Märchen leben, als seien wir die Opfer eines Fluchs: Eine böse Hexe – oder ein freundlicher Magier, wer weiß? – hat die Welt zum Stillstand gebracht.

Von meinem Fenster aus schaue ich auf meine große blaue Zeder, die ihre Zweige in die kalte Morgenröte streckt. Ich sehe die vergilbte Zypresse, die nicht aufhört zu sterben. Als stilles Opfer des Klimawandels musste sie Hitzewellen und Regenstürme ertragen. Draußen singen die Vögel, unser Leben ist ihnen gleichgültig. Die Narzissen blühen, auf der Wand gegenüber erscheinen die ersten Kamelienknospen.

Diese Aussicht ist die meines Arbeitszimmers in dem Haus, das ich mir vor einigen Jahren in der Normandie gekauft habe. Damals suchte ich nach einem Ort zum Schreiben, nach einem ruhigen Haus, in dem ich mich meinen Romanen widmen könnte. Ich suchte nach einem Ort für meine Kinder, meine Familie, für mich, die ich mich oft nach meiner Kindheit zurücksehne. Ich denke an Marguerite Duras, die schrieb: „Das Haus ist für die Kinder und den Mann gemacht, um sie an einem Ort zu festigen, der ihnen entspricht, um sie daran zu hindern sich zu verlieren, um sie von ihrer Abenteuerlust abzulenken.“

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