Ugandischer Befreiungskampf im Weinviertel

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Ugandischer Befreiungskampf im Weinviertel
Die Österreichisch-Ugandische Freundschaftsgesellschaft besteht nun seit fast 25 Jahren. Uganda und Österreich verbindet weit mehr, als geläufig angenommen.

Unterolberndorf ist ein verschlafenes 800-Seelen-Dorf im Weinviertel. An diesem Samstagmittag hört man lediglich den Wind rauschen und die Hähne krähen, nur selten passiert ein Auto die Katastralgemeinde im Kreuttal. Die Zeit scheint hier ein wenig langsamer zu gehen und lässt einen schnell vergessen, dass man sich eigentlich nur eine Hand voll S-Bahnstationen vor den Toren Wiens befindet.

Am Hauptplatz von Unterolberndorf liegt der Gasthof „zum grünen Jäger", der schon seit über drei Generationen in Hand der Familie Magister ist. Der Speisesaal ist rustikal eingerichtet: Die Wände sind von kastanienbraunen Holzdielen überzogen und über den Türen hängen prachtvolle Rehgeweihe. Die Hauskatze Alf streift behäbig zwischen den einzelnen Tischen umher und beäugt kritisch die Kundschaft, hauptsächlich ältere Ehepaare aus dem Dorf, die bei einem Bier sitzen und ihr Schnitzel verspeisen. Nur die kleine ugandische Fahne und ein paar Zeitungsberichte, die neben dem Tresen aufgehängt worden sind, erinnern noch daran, dass im Gasthof „zum grünen Jäger" vor 25 Jahren Weltpolitik betrieben wurde und dort der Grundstein für die heutige ugandische Verfassung gelegt worden ist.

Es war im Juni 1985, als überraschend sieben Männer aus Uganda im Gasthof der Familie Magister vorsprachen, um sich für ein paar Tage einzuquartieren. Niemand wusste zu diesem Zeitpunkt, dass sich hier die Führung der ugandischen Befreiungsbewegung National Resistance Movement (NRM) unter Yoweri Museweni traf. Während der folgenden Tage wurde nicht nur der Putsch gegen den damaligen Präsidenten Obote geplant, sondern auch das sogenannte Unterolberndorfer Manifest ausgearbeitet: Zusammen wurde ein 10 Punkte Programm beschlossen, auf dem immer noch die heutige Verfassung von Uganda beruht. Kaum ein halbes Jahr später nach dem Treffen in Unterolberndorf war Museweni ugandischer Präsident.

„Der Kontakt zu der National Resistance Movement kam hauptsächlich vom damaligen Innenminister Lanz und der ORF Journalistin Dolores Bauer" erinnert sich Maria Hirsch, Generalsekretärin der Österreichisch-Ugandischen Freundschaftsgesellschaft. „England hat im Gegensatz zu Österreich Museweni und seine Gruppe damals nicht einreisen lassen. Für die waren diese Rebellen Banditen." In Österreich angekommen, suchte die NRM nach einem möglichst ruhigen Ort, weshalb man schließlich im Gasthof „zum grünen Jäger" in Unterolberndorf gelandet ist.

Nach dem erfolgreichen Putsch gründete Museweni ein Jahr später die Projektgruppe für den Wiederaufbau Ugandas, die sich schließlich im Jahre 2003 in Österreichisch-Ugandische Freundschaftsgesellschaft umbenannt hat. Die Anfangstage verliefen noch recht chaotisch. Eigentlich hatte Frau Hirsch zu diesem Zeitpunkt geplant, ein paar Jahre in der Entwicklungshilfe zu arbeiten, Hauptsache weit weg der Heimat, doch dann kam alles ganz anders.

Als sie zufällig den Gründer einer ugandischen NGO kennen lernte, hegte sie Hoffnung, vielleicht in dem Projekt unterkommen zu können und schlug ihm vor, dass die Gruppe ihr erstes Treffen in den Räumlichkeiten ihres Arbeitsplatzes, eine Städtische Bücherei, abhalten könne. Am Morgen wurde ihr dann viel Glück gewünscht. „Wofür?" fragte sie erstaunt zurück. „Na, weil du unsere neue Obfrau wirst!" lautete die lakonische Antwort. „So bin ich schließlich bei der Projektgruppe gelandet" erinnert sich die Bibliothekarin mit einem Schmunzeln.

Dann hat sie erstmal die Koffer gepackt und ist für drei Monate nach Uganda gereist, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen. „Das Land war wirtschaftlich total am Boden. Die Leute haben mir in der Gegend überall Skeletthaufen und Folterzentren gezeigt. Es war schrecklich!". Seit ihrem Besuch im Jahre 87 hat sich im Bereich Bildung und Wirtschaft jedoch einiges verbessert: „Von den bis zu 20-jährigen sind mittlerweile 95% alphabetisiert. Das ist in etwa wie bei uns. Auch gibt es heutzutage durchaus eine breitere Mittelschicht".

Die Österreichisch-Ugandische Freundschaftsgesellschaft unterstützt zwar auch kleinere Entwicklungsprojekte wie zum Beispiel Theater- und Frauengruppen, aber die Schwerpunkte des Vereins liegen woanders. „Zum einen haben wir immer sehr stark Lobbyarbeit betrieben, was sicherlich auch mit dazu geführt hat, dass Uganda eines der Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geworden ist. Von dem relativ wenigen Geld, das Österreich an Entwicklungshilfe ausgibt, ist Uganda das Land, das am meisten kriegt."

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt liegt auf den allmonatlichen Treffen, bei denen in Österreich lebende Ugandesen, als auch interessierte Journalisten oder Entwicklungsarbeiter zusammen kommen und sich austauschen. „Es wird dann hauptsächlich getratscht. Natürlich gibt es auch politische Diskussionen, aber mittlerweile wird das eher vermieden, da es nicht mehr so stark eine einheitliche politische Position gibt. Nach 20 Jahren an der Macht mehrt sich die Kritik an Museweni."

Die meisten der etwa 100 Ugandesen, die in Österreich leben, sind Mitarbeiter der UNO oder Studenten. „An sich kommen die meisten hier gut zu recht, aber natürlich haben sie auch mit dem Alltagsrassismus zu kämpfen. Zum Beispiel fährt jetzt ein Director der UNO nur noch U-Bahn, weil er mit seinem Auto ständig von der Polizei kontrolliert wurde und zu jedem Termin zu spät kam. Denn ein Schwarzer in einem teuren Auto, das muss ja ein Drogendealer sein!"

Wenn man Maria Hirsch reden hört, kommt kein Zweifel daran auf, dass es ihr eine Herzensangelegenheit ist, sich voller Elan für die österreichisch-ugandischen Beziehungen einzusetzen und gegen Vorurteile und Diskriminierung anzukämpfen.

Dass dem ugandischen Präsidenten Museweni Österreich ebenfalls sehr am Herzen liegt, hat er während seines offiziellen Staatsbesuch im Jahre 1994 gezeigt: Mit Landeshauptmann Pröll und vielen weiteren bekannten Vertretern aus Bund und Land ging er nochmals nach Unterolberndorf „zum grünen Jäger" und lud alle Mitglieder der Familie Magister zu einem Gegenbesuch nach Uganda ein, der nach eigenen Worten der Gasthofsfamilie „ein unvergessliches Erlebnis" war. Für einen Tag lang ist dieses verschlafene 800-Seelen-Dorf im Zentrum des Weltgeschehens angekommen und hat gezeigt, dass die Welt eben manchmal doch ein ganz schönes Stück zusammen wächst.

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