Spiel

„Unravel 2“: Zwei Wollknäuel zum Verlieben

Ohne den anderen geht's einfach nicht. Die Hauptbotschaft bei „Unravel 2“.
Ohne den anderen geht's einfach nicht. Die Hauptbotschaft bei „Unravel 2“.(c) EA
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Apokalypsen, Alienangriffe, Weltraumodysseen. Die heutigen Spielewelten sind monothematisch. Gerade deswegen ist „Unravel 2“ eine willkommene Abwechslung.

Aliens fallen ein und zerstören die Welt, wie wir sie kennen. Ein Held erhebt sich, um alle zu retten. So oder so ähnlich beginnt nahezu jeder Spieleblockbuster der vergangenen Jahre. Doch es gibt sie, die kleinen Perlen im großen Teich der Spielestudios, die sich herrlich erfrischend von der Masse der Endzeitschießereien abheben. Dazu zählt auch „Unravel 2“ vom schwedischen Entwicklerstudio Coldwood Interactive, das von Electronic Arts übernommen wurde. Nach dem großen Erfolg des ersten Teils, „Unravel“, geht die androgyne Wollfigur Yarny erneut auf Abenteuerreise. Doch dieses Mal erkundet sie nicht einsam und verlassen die vor ihr liegende Welt, sondern bekommt einen fast identischen Begleiter.

In sieben fantastisch gestalteten Levels müssen die zwei stummen Figuren, die untrennbar mit einem Faden verbunden sind, Herausforderungen meistern. Es ist die Verschmelzung klassischer Jump'n'Run-Elemente und Puzzlespiele, die das Spiel so unterhaltsam und fordernd macht.

Zusammenhalt ist alles. Zu Beginn des Spiels kentert Yarnys Boot auf hoher See und strandet auf einer einsamen Insel. Dort trifft er auf seinen wolligen Weggefährten. In der ersten Station erkunden sie einen verlassenen Leuchtturm, zu dem sie im Lauf des Spiels immer wieder zurückkehren. Dabei erfahren die Spieler immer mehr von den ehemaligen Bewohnern. In verschwommenen Sequenzen wird im Hintergrund die Geschichte von zwei Freunden erzählt; mystisch untermalt von den beiden Komponisten Frida Johansson und Henrik Oja. Sie haben es geschafft, die Atmosphäre einzufangen und eine musikalisch melancholische Welt zu schaffen, die zu keinem Zeitpunkt störend ist.

Wie ein roter Faden ziehen sich die Themen Freundschaft, Vertrauen sowie auch Ängste und Schuld durch das Spiel. Bis zum Schluss entscheidet die Zusammenarbeit über den Erfolg. Denn allein lassen sich die Aufgaben nur selten bewältigen. So müssen die Yarnys gefräßige Fische und brutale Truthähne ablenken. Sie ziehen einander an großen Wänden hoch oder schwingen sich gemeinsam von Baum zu Baum, um Feinden in Form von vernichtenden aggressiven Funkenwesen am Boden zu entkommen.

In den Rätselsequenzen zielt viel auf Physik ab. Dabei müssen einmal Rohre auf einer Baustelle abwechselnd gemeinsam verschoben werden, ehe einer die obere Plattform erreichen kann. Durch taktisches und kluges Vorgehen können Knoten gebunden und Seile gespannt werden, um entweder höher hüpfen zu können oder Dinge auf die andere Seite zu transportieren.

Jedes Level bietet optionale Herausforderungen mit insgesamt 40 versteckten Sammelobjekten, über die sich auch weitere Strickfiguren freischalten lassen. Das ist für jene empfehlenswert, die eine noch größere Herausforderung im Spiel suchen.

Tolles Spiel mit „Oh“-Faktor. Das knapp 17 Euro teure Spiel bietet Jung und Alt kurzweiliges Spielvergnügen. Es müssen gemeinsam Lösungsstrategien gefunden werden – das kann auch zu hitzigen Diskussionen führen. Das Frustrationslevel hält sich hingegen in Grenzen. Die Checkpoints, an denen man nach einem Fehlversuch neu startet, sind fair gesetzt, und die Steuerung funktioniert sehr gut. Die liebevolle Aufmachung und stimmungsvollen Levels machen Spaß und trösten auch über teilweise deplatziert wirkende Feinde, durch die phasenweise unnötiger Stress entsteht, hinweg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2020)

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