Rechtspanorama

ORF durfte Zucker "süßes Gift" nennen

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Titel sind nicht alles: Ein Zuckerproduzent scheiterte mit seiner Beschwerde.

Wien. „Bewusst gesund: Zucker – das süße Gift“. Dieser Themenschwerpunkt des ORF im Frühjahr 2017 stieß einem Zuckerproduzenten sauer auf. Der Hersteller sah das Objektivitätsverbot verletzt, wenn Zucker so hingestellt würde wie Gift im Sinn des Chemikaliengesetzes.

So eng darf man die Sache aber nicht sehen. Die KommAustria fand zwar, dass der ORF in einer der Sendungen gegen die Pflicht zur Objektivität verstoßen habe; den Titel, unter dem der Themenschwerpunkt insgesamt firmierte, hielt die KommAustria jedoch für zulässig, genau wie nach ihr auch das Bundesverwaltungsgericht.

Zuletzt sollte noch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) über eine Revision des Zuckerproduzenten entscheiden. Dabei ging es um die Frage, ob ein Sendungstitel ohne Rücksicht auf den Sendungsinhalt be- und verurteilt werden kann. Oder ob die versammelten Sendungen auch ins Kalkül zu ziehen sind.

Der Gesamteindruck zählt

Wie der VwGH festhielt, muss sehr wohl der Gesamtzusammenhang berücksichtigt werden. Dieser und der für Durchschnittsbetrachter daraus entstehende Gesamteindruck dienten demnach als Grundlage zur Überprüfung der Objektivität oder auch Sachlichkeit (Ra 2020/03/0009-0010).

Titel sind also – in diesem Zusammenhang – nicht alles. Der VwGH teilte auch nicht die Einschätzung des Revisionswerbers, wonach die Überschrift polemisch, also jedenfalls verboten gewesen wäre: Der plakativ gewählte Titel erwecke nicht den Eindruck, dass Zucker als giftige Substanz hingestellt werden sollte. Ziel sei es gewesen, die unterschätzten Risken übermäßigen Zuckerkonsums anzusprechen. Damit war der Titel erlaubt. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2020)

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