Zur politischen Kompetenz gehört auch soziale Kompetenz. Hans-Peter Martin hat diese offensichtlich nicht. Zu viele sind geflüchtet.
Manchmal ist es der erste Eindruck, der das Bild eines Menschen prägt. Als wir („Die Presse“) das erste Interview mit dem damaligen SPÖ-Kandidaten Hans-Peter Martin führten, drohte er mit Klage, behandelte zuerst seine Mitarbeiterin und dann unseren Fotografen unfreundlich. Es war gleich klar: HPM ist kein angenehmer Zeitgenosse.
Das hätte der heutige Europaabgeordnete eigentlich auch lange gar nicht sein müssen. Er liebt es, den Stachel zu spielen, den harten Aufdecker. Dafür brauchte er überhaupt keine soziale Kompetenz, sondern nur Beharrlichkeit und Mut. Aber Hans-Peter Martin ist kein journalistischer Einzelkämpfer mehr. Er ist Politiker und benötigt Partner, Mitarbeiter, und er braucht auch das Vertrauen seiner Wähler. HPM brach mit den SPÖ-Kollegen im Europaparlament, er brach mit seiner politischen Partnerin Karin Resetarits und nun mit seiner Listenkollegin Angelika Werthmann. Zu viele sind vor ihm geflüchtet, deshalb kann er sich heute auch nicht mehr glaubwürdig als Opfer darstellen.
Ist Martin mehr als nur ein egozentrischer Querulant? Derzeit fällt es schwer, das zu glauben. Er ist jedenfalls in einem wichtigen Punkt seinen Wählern Vertrauen und Kontinuität schuldig geblieben: beim Zusammenhalt seiner Liste. HPM-Wähler müssen mittlerweile schon damit rechnen, dass ein Teil ihrer Stimmen irgendwann in andere Fraktionen abwandert. (Bericht: Seite 4)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2010)