Warum hat der Postkolonialismus so ein Problem mit Israel? Über die Verklärung jüdischer Diaspora, die globale Opfergemeinschaft und das Bild Israels als Verräter.
Relativierung des Holocaust, Delegitimierung Israels, antisemitische Aussagen: Seit den Vorwürfen eines Abgeordneten und des Antisemitismusbeauftragten in Deutschland gegen den 62-jährigen kamerunischen Historiker Achille Mbembe, der heuer die Ruhrtriennale eröffnen hätte sollen, kommt die Debatte nicht zur Ruhe. Doch längst ist aus dem Streit um seine Person auch ein Streit um die akademisch so einflussreiche Denkschule und Forschungsdisziplin geworden, zu deren bekanntesten Theoretikern er zählt.
Wie hält der Postkolonialismus es mit Israel? Die Frage begleitet die Entwicklung dieser Disziplin schon, seit der US-amerikanische Literaturwissenschaftler Edward Said mit seinem Buch „Orientalismus“ 1978 die Grundlagen der „postcolonial studies“ schuf. Mit Orientalismus meinte er die Bilder, die sich Angehörige der Kolonialmächte von den kolonialisierten Kulturen machten; Said deutete sie als Herrschaftsinstrument. Damit wies er Generationen postkolonialistischer Forscher den Weg.