Eine Kommission prüfte die fachliche Qualifikation des Justiz-Sektionschefs: Die Stellungnahmen waren durchwegs positiv – ebenso eine Umfrage unter Mitarbeitern.
Der umstrittene Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ist eigentlich gar nicht so umstritten, wie man glauben möchte. Intern zumindest nicht.
Pilnacek war nach massiver Kritik von der Opposition nach Streitereien mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) von Justizministerin Alma Zadić entmachtet worden. Die WKStA hatte ihm vorgeworfen, sich in Ermittlungen einzumischen. Seine Sektion wird nun in zwei geteilt – in eine Legistik-Sektion und eine Strafrechtssektion, die weiterhin Weisungen zu Einzelfällen geben kann.
Pilnacek hat sich erneut für die Legistiksektion beworben - und nicht nur das. Er hat die Wiederbestellungskommission gebeten, seine Abberufung hinsichtlich seiner Qualifikation noch einmal zu bewerten. Diese hat nun etliche Stellungnahmen eingeholt: Von Abteilungsleitern, Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaft. Das Ergebnis wurde Montag diskutiert: Zwölf Stellungnahmen wurden eingefordert - zehn kamen zurück. Dem Vernehmen nach alle positiv.
Die Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft Wien liegt der „Presse“ vor. Mit Lob wird nicht gespart. Er sei ein ständig erreichbarer Ansprechpartner steht da, der durch hohes persönliches Engagement auffällt. „Umso bedauerlicher ist es aus ha. Sicht, dass es mit einigen inhaltlich korrekten Vorgangsweisen offensichtlich unzufriedenen Interessensgruppen durch teils fragwürdige Methoden (z.B. unerlaubter Tonbandmitschnitt einer vertraulichen Dienstbesprechung ...) gelungen ist, die erfolgreiche Arbeit von SC Mag. Pilnacek in der Öffentlichkeit so weit zu diskreditieren, dass sich nunmehr die Frage der Weiterbestellung stellt“, steht in der Stellungnahme.
Pilnacek wird auch ein gutes Zeugnis in Dingen Menschenführung und organisatorischer Fähigkeit ausgestellt.
Laut Mitarbeitern gute Arbeitsatmosphäre
Das nehmen offenbar die direkten Mitarbeiter in Pilnaceks Sektion ähnlich wahr. Das Justizministerium hatte eine Umfrage unter allen Mitarbeitern durchführen lassen – es ging um Arbeitsbedingungen, Arbeitsdruck und ähnliches. Die Sektion von Pilnacek stellte ihrem Chef zum Thema Arbeitsatmosphäre ein gutes Zeugnis aus.
Über das ganze Ministerium gesehen konstatiert die Umfrage in einigen Bereichen Nachbesserungsbedarf – vor allem der Faktor „Wertschätzung durch unmittelbare Vorgesetzte“ wurde in vielen anderen Sektionen laut Ministerium bekrittelt.
Das Ergebnis der Studie – und auch die vielen positiven Rückmeldungen widersprechen dem Bild, das von Pilnacek in der Öffentlichkeit gezeichnet wurde. Dort fiel er zuletzt durch emotionale Aussagen im U-Ausschuss auf, eine Dienstbesprechung wurde von der WKStA heimlich mitgeschnitten, auch fand Pilnacek scharfe Worte zur Verfahrensführung der WKStA. Kurz: An Pilnaceks fachlicher Qualifikation gab es kaum Kritik - an seinem Verhalten aber immer wieder. „Er ist ein Heißläufer, aber eigentlich ist er immer wertschätzend und stellt sich im Härtefall immer vor seine Mitarbeiter“, sagt ein Mitarbeiter zur „Presse“.
Pilnacek hat fünf Mitbewerber
Ob er wieder Sektionschef wird, entscheidet am Ende Justizministerin Alma Zadić, die eine Kommission zur Bewertung der Bewerber eingesetzt hat. Diese wird eine Reihung vornehmen. Mit Pilnacek bewerben sich für die Sektion IV außerdem noch vier Männer und eine Frau. Darunter dem Vernehmen nach zwei Abteilungsleiter aus dem Justizministerium und ein Richter eines Bezirksgerichts.
Für die neue Strafrechtssektion mit Weisungsrecht (Sektion V) haben sich insgesamt sechs Personen beworben - darunter vier Männer und zwei Frauen. Darunter dem Vernehmen nach wieder der Bezirksrichter sowie zwei Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie Führungskräfte aus dem Justizministerium. Nach grüner Logik wären die Abteilungen mit einem Mann und einer Frau zu besetzen.
Die Ernennung der Sektionschefs erfolgt auf Basis eines Vorschlags der Justizministerin, bedarf der Zustimmung von Beamtenminister Werner Kogler – und wird schlussendlich von Bundespräsident Alexander Van der Bellen vorgenommen. Dass die Opposition bis zur Entscheidung noch einige Geschütze gegen Pilnacek auffahren wird, davon darf ausgegangen werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2020)