Marktprognosen

Das Europa der zwei Geschwindigkeiten

In Ländern, wo die Virusbekämpfung erfolgreicher war, werden sich die Gewerbeimmobilienmärkte deutlich schneller erholen. Notverkäufe wird es aber in ganz Europa kaum geben – außer bei Hotels und Einkaufszentren.

Die Drehscheibe zwischen den USA und dem EU-Festland, von den Briten oft etwas abschätzig „the continent“ genannt: Der Immobilienmarkt in London war schon immer etwas Besonderes. Fonds aus Asien und den USA, reiche Russen, Ölscheichs: Sie alle wollten ein Haus in der britischen Hauptstadt besitzen. The Gherkin, the Shard: Es gibt keine Stadt in Europa mit einer ähnlich hohen Dichte an architektonischen Landmarks, die ihre Eigentümer Jahr für Jahr mit neuen Rekorden bei Mieten und Quadratmeterpreisen erfreut haben. Das ist jetzt vorbei. Der Brexit war das K. O., Corona der Todesstoß. Heuer erwarten Marktteilnehmer Transaktionsvolumina in der Londoner City auf einem Niveau wie vor zwei oder drei Jahrzehnten. Auch die Mieten fallen mit zweistelligen Prozentraten, der Leerstand dürfte sich mindestens verdoppeln. Bad news, doch auch auf anderen früheren Boom-Märkten sind die Eigentümer der Büro-Glaspaläste unter Druck: „In Europa ist neben London Madrid besonders zyklisch“, sagt Hagen Ernst, Leiter Research & Portfoliomanagement beim deutschen Vermögensverwalter DJE Kapital AG. „Es ist möglich, dass auch Madrid die Tiefpunkte nach der Finanzkrise testen wird, zumal beide Länder wirtschaftlich besonders stark von Covid-19 getroffen sind.“

Deutschland stabil, Italien verliert

Auch die Analysten von BNP Paribas Real Estate und Savills sehen in Europa im Gewerbeimmobilienbereich überall fallende Preise und steigende Renditen. Wie herb die Zwischentiefs ausfallen und wie schnell das Comeback danach aussieht, werde aber von Land zu Land unterschiedlich sein und von der Nachrichtenlage in Sachen Corona abhängen, sagen sie. In Deutschland und den Niederlanden beispielsweise dürfte die Nachfrage auf dem Büromarkt lediglich um fünf bis fünfzehn Prozent sinken – damit sind die erwarteten Preiseinbrüche begrenzt, und in beiden Ländern werden Top-Objekte auch ohne „Corona-Abschlag“ Käufer finden. In der Mitte des Spektrums sehen die Analysten Länder wie Frankreich oder Belgien, wo auch bei Core-Objekten leichte Preisverluste drohen. Die Verlierer mit bis zu 20 Prozent Preisrückgängen sind Italien und Schweden: Dort finden Immo-Anleger eine Kombination aus vor Corona stark gestiegenen Preisen und Mieten mit unerfreulichen Pandemiekurven vor – eine Giftmixtur für die lokalen Büroimmobilienmärkte.

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